Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Die aktuellen Nachrichten de Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Mon, 28 Apr 2025 18:14:38 +0200 Mon, 28 Apr 2025 18:14:38 +0200 News TYPO3 EXT:news news-9848 Thu, 24 Apr 2025 10:33:00 +0200 Sedimentaufwirbelung durch Schleppnetzfang verringert CO2-Aufnahme /news/article/sedimentaufwirbelung-durch-schleppnetzfang-verringert-co2-aufnahme 24.04.2025/Kiel. Wenn Schleppnetze über den Meeresgrund gezogen werden, wirbeln sie Sediment auf. Dabei wird nicht nur organischer Kohlenstoff wieder freigesetzt, sondern auch die Oxidation von Pyrit verstärkt, was zu einer zusätzlichen Freisetzung von Kohlendioxid (CO2) führt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, die anhand von Sedimentproben aus der Kieler Bucht die geochemischen Folgen der Sedimentaufwirbelung untersucht hat. Ihr Fazit: Insbesondere Meeresbodenbereiche mit feinkörnigen Sedimenten, die für die CO2-Speicherung in der Ostsee entscheidend sind, sollten dringend unter Schutz gestellt werden. Die Studie ist jetzt in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment erschienen. Die Aufwirbelung von Meeresbodensedimenten – durch menschliche Aktivitäten wie den Schleppnetzfang und natürliche Prozesse wie Stürme und Gezeiten – hat erhebliche Auswirkungen auf die Freisetzung von Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Wird das Sediment dem sauerstoffreichen Meerwasser ausgesetzt, führt dies zur großflächigen Oxidation von Pyrit, einem Mineral, das in den Sedimenten angereichert ist. Diese Oxidation spielt eine weitaus größere Rolle bei der CO2-Freisetzung als die Oxidation von organischem Kohlenstoff. Dies zeigt eine neue Studie, die jetzt in der Zeitschrift Communications Earth & Environment veröffentlicht wurde.

„Die feinkörnigen, schlammigen Sedimente sind wichtige Speicher für organischen Kohlenstoff und Pyrit“, erklärt Erstautor Habeeb Thanveer Kalapurakkal, Doktorand in der Arbeitsgruppe Benthische Biogeochemie am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Wir wissen, dass die Sedimentaufwirbelung, etwa durch den Einsatz von Schleppnetzen zu einer starken Freisetzung von CO2 in die Wassersäule führt.“ Doch während man bislang davon ausgegangen war, dass dies hauptsächlich auf die Oxidation von organischem Kohlenstoff zurückzuführen ist, konnte er nun nachweisen, dass der Großteil der CO2-Freisetzung bei der Sedimentaufwirbelung auf die Oxidation von Pyrit zurückzuführen ist.

Die Kieler Bucht: Eine wichtige CO2-Senke in Gefahr

Das Untersuchungsgebiet lag in der Kieler Bucht, einer Küstenregion in der westlichen Ostsee zwischen Fehmarn und den dänischen Inseln. Diese Region umfasst unterschiedliche Sedimenttypen – sandige Sedimente in den flacheren Gebieten und feine Schlammsedimente, die in den tieferen Bereichen abgelagert sind. Diese sind reich an organischem Material und spielen eine zentrale Rolle im Kohlenstoffkreislauf der Ostsee. Beeinflusst werden sie sowohl durch natürliche Prozesse wie Stürme als auch durch menschliche Aktivitäten wie den Schleppnetzfang.

Laborversuche simulieren Sedimentaufwirbelung

Um die Auswirkungen der Aufwirbelung des Meeresbodens zu untersuchen, führten die Forschenden so genannte Inkubationsversuche durch: Sedimentproben aus fein- und grobkörnigen schlammigen und sandigen Bereichen der Kieler Bucht wurden im Labor in Behältern mit Meerwasser aufgerührt. Dabei wurden sowohl oxische (mit Sauerstoff) als auch anoxische (ohne Sauerstoff) Bedingungen simuliert. Während dieser Inkubation wurde gemessen, wie sich verschiedene chemische Parameter verändern – etwa der CO2-Gehalt, der pH-Wert, die Konzentrationen von Sulfat oder Nährstoffen. So konnten die Wissenschaftler:innen nachvollziehen, welche Prozesse ablaufen und welche Auswirkungen das auf den Kohlenstoffkreislauf hat. Die Ergebnisse wurden dann mit einem Computermodell kombiniert, um ein detaillierteres Bild der biogeochemischen Veränderungen durch Sedimentaufwirbelung und Sauerstoffgehalt zu bekommen.

Pyritoxidation: Ein entscheidender Faktor für die CO2-Freisetzung

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass durch die Aufwirbelung von Sedimenten deutlich mehr CO2 freigesetzt wird als bisher angenommen – vor allem durch die Oxidation von Pyrit. Wird dieses eisenhaltige Mineral, das in schlammigen, sauerstoffarmen Meeresböden lagert – beispielsweise durch menschliche Eingriffe wie Grundschleppnetzfischerei – aufgewirbelt, reagiert es mit dem Sauerstoff im Wasser. Dabei entsteht Säure, die klimaneutrales Bikarbonat aus dem Sediment in das Treibhausgas CO2 umwandelt und damit eine weitere CO2-Freisetzung in die Atmosphäre begünstigt. Modellrechnungen deuten darauf hin, dass sich durch diese Prozesse die CO2-Aufnahmekapazität der Region erheblich verringern kann. Kurz gesagt: Die Aufwirbelung der Sedimente kann den Meeresboden vorübergehend von einer natürlichen CO2-Senke in eine CO2-Quelle verwandeln.

Schutz sensibler Meeresbodenbereiche zur Erhaltung der CO2-Aufnahme

„Die Kieler Bucht ist, genau wie andere Bereiche der Ostsee, eine wichtige Senke für Kohlendioxid aus der Atmosphäre“, sagt Habeeb Thanveer Kalapurakkal, „unsere Experimente und Modellierungen haben gezeigt, dass Einflüsse wie Schleppnetzfischerei die CO2-Aufnahme deutlich reduzieren, weil durch die Oxidation des Pyrits Säure freigesetzt wird.“ Die Ergebnisse würden unterstreichen, wie wichtig der Schutz insbesondere jener Meeresbodenbereiche ist, in denen fein­körnige, schlammige Sedimente mit hohem Pyritgehalt vorkommen. Kalapurakkal: „Wenn wir die CO2-Aufnahmekapazität der Ostsee erhalten wollen, müssen diese Gebiete geschützt werden.“

 

Originalpublikation:

Kalapurakkal, H.T., Dale, A.W., Schmidt, M. et al. (2025) Sediment resuspension in muddy sediments enhances pyrite oxidation and carbon dioxide emissions in Kiel Bight. Commun Earth Environ 6(1), 156.

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Aktuelles 2025 Presse 2025 Top_Slider FB2News Kohlenstoffspeicherung im Ozean Fischereiforschung Ozean und Klima Ostsee
news-9845 Tue, 22 Apr 2025 17:41:48 +0200 Studie zum ökologischen Seemanagement gewinnt nationalen Frontiers Planet Prize /news/article/studie-zum-oekologischen-seemanagement-gewinnt-frontiers-planet-prize 22.04.2025/Kiel. Am heutigen Earth Day wurden die National Champions des Frontiers Planet Prize bekannt gegeben – ein weltweit bedeutender Forschungspreis für Nachhaltigkeit. Robert Arlinghaus, Fischereiprofessor am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) sowie an der Humboldt-Universität zu Berlin und sein Team werden für ihre wegweisende Science-Publikation über die Wirksamkeit der ökologischen Aufwertung von Gewässern auf Fischbestände gewürdigt. „Angesichts der immensen Bedrohungen für die Menschen und den Planeten brauchen wir mutige, transformative Lösungen, die sich auf Fakten stützen und wissenschaftlich fundiert sind. Innovative und skalierbare Lösungen sind der einzige Weg, um ein gesundes Leben auf einem gesunden Planeten zu gewährleisten,“ sagte Professor Jean-Claude Burgelman, Direktor des Frontiers Planet Prize.

Eine dieser Lösungen, die zur Kategorie „Naturbasierte Lösungen und Wiederherstellung von Ökosystemen“ gehört, ist in der Studie von Prof. Robert Arlinghaus und seinem Team beschrieben: Die Revitalisierung von Seen durch die Schaffung von Flachwasserzonen und das Einbringen von Totholz. Weltweit werden Millionen von Fischen in Gewässer ausgesetzt, um die natürlichen Fischbestände zu stärken. Dass diese sogenannte Fischbesatz-Praxis nicht immer erfolgreich ist und wie es besser geht, zeigt die in der Fachzeitschrift Science erschienene Studie. Die Besonderheit der Untersuchung von Arlinghaus und seinem Team ist unter anderem die enge Verbindung von Forschung und Anwendung und die Durchführung von wiederholten Experimenten auf der Ebene ganzer Seen in Zusammenarbeit mit der Angelpraxis.

Mehr Lebensraum ist besser als mehr Fische

Das Forschungsteam hat in einem Vorher-Nachher-Kontroll-Experiment über sechs Jahre in 20 Baggerseen verglichen, wie sich das Aussetzen von Fischen und die Aufwertung der Lebensräume auf die Fischbestände auswirken. „Das war ein einzigartiger Freilandversuch, in dem wir in enger Zusammenarbeit einer Vielzahl von Angelvereinen auf der Ebene des gesamten Ökosystems mit verschiedenen Bewirtschaftungsvarianten experimentiert haben. So ein großes, wiederholtes und vor allem kontrolliertes Ganzseeexperiment gab es in dieser Form bisher nicht. Es freut mich sehr, dass unsere Forschungsarbeit nun mit dem Nationalen Frontiers Planet Prize ausgezeichnet wurde“, sagt der Initiator und Koordinator des Projekts Professor Robert Arlinghaus.

„Über einen Zeitraum von sechs Jahren wurden rund 160.000 Fische und viele andere Tier- und Pflanzenarten vor und nach Maßnahmendurchführung beprobt, um zu untersuchen, wie die jeweiligen Organismengruppen auf die Schaffung von Lebensräumen oder das Einsetzen von insgesamt 40.000 einzeln markierten Fischen reagieren“, ergänzt der Erstautor der Studie, Prof. Johannes Radinger, ehemaliger Wissenschaftler der Arbeitsgruppe von Prof. Arlinghaus und jetzt Professor an der Hochschule Magdeburg-Stendal.

Einen wichtigen Beitrag zur Datenanalyse leistete Dr. Christopher Monk, inzwischen Leiter der Arbeitsgruppe Marine Behavioural Ecology am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Er war während seiner Postdoc-Zeit am IGB maßgeblich an der Auswertung der umfangreichen Freilanddaten beteiligt und unterstützte auch die Überarbeitung des Manuskripts.

„Die Studie zeigte, dass ein ökosystembasiertes Management, insbesondere die Schaffung von Flachwasserzonen, den Fischbestand in den Seen und die Reproduktion von Fischen nachhaltig erhöhte und auch die Vielfalt anderer Organismengruppen wie Libellen oder Wasserpflanzen förderte“, erläutert Dr. Sven Matern, geteilter Erstautor der ausgezeichneten Studie und ehemaliger Doktorand von Prof. Arlinghaus. Die im Fischschutz gängige Praxis des Fischbesatzes, an der viele Angelvereine aber auch andere Naturschutzakteure weltweit häufig festhalten, ist in dem Versuch hingegen fehlgeschlagen. Das Einbringen von Totholz als Strukturelement zeigte gewässerspezifisch und artabhängig positive Effekte auf Fische und andere Organismen, war aber gegenüber der Schaffung von Flachwasserzonen weniger erfolgreich.

Angelvereine als wichtige Partner

Das von den beiden Ministerien BMBF und BMUV sowie dem Bundesamt für Naturschutz in den Jahren 2016 bis 2022 finanzierte Forschungs- und Umsetzungsprojekt BAGGERSEE, das Grundlage der Science-Publikation war, wurde in enger Zusammenarbeit mit Dutzenden von Angelvereinen im Anglerverband Niedersachsen e.V. (AVN) durchgeführt. Hunderte Personen aus der Angelpraxis waren an der Umsetzung der Managementmaßnahmen und der Datenerhebung beteiligt. Fischereibiologen des AVN planten und koordinierten die Umsetzung der Maßnahmen. „Die Ergebnisse haben direkte Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Angelvereine Seen bewirtschaften. Aktuell läuft ein Vermittlungsprojekt als Anschluss, in dem die Ergebnisse deutschlandweit an Angelvereine über die Projektregion Niedersachsen hinaus kommuniziert werden“, sagt Prof. Thomas Klefoth von der Hochschule Bremen, der das BAGGERSEE-Projekt zusammen mit Prof. Arlinghaus erdacht und ehemals als Fischereibiologe des AVN koordiniert hat.

Süßwasserfische sind gefährdet

Süßwasserfische gehören zu den am stärksten gefährdeten Wirbeltieren weltweit. In Deutschland beispielsweise gilt gemäß der Roten Liste der Süßwasserfische jede zweite Art als gefährdet. Einer der Hauptgründe ist der Verlust an angemessenem Lebensraum. Fischrückgänge haben weitreichende Folgen für die Gewässer sowie die Erwerbs- und Angelfischerei. Wirksame Erhaltungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen sind erforderlich, um den Fischrückgang umzukehren. „Ein vielversprechender Ansatz ist das ökosystembasierte Management, das darauf abzielt, wichtige ökologische Prozesse, Lebensräume und Beziehungen zwischen Arten zu verbessern oder wiederherzustellen, anstatt sich auf die Beseitigung einzelner Stressoren oder die Unterstützung einzelner Arten nur über Fischbesatz zu konzentrieren“, sagt Robert Arlinghaus. Dieser umfassende Ansatz ist jedoch oft kostspielig und mit hohen bürokratischen Hürden verbunden.

Ökosystembasiertes Management lohnt sich

Politische Entscheidungsträger zögern daher, in ökosystembasiertes Management zu investieren, solange es keine soliden wissenschaftlichen Belege für seine Wirksamkeit gibt. „Mit unserer großen experimentellen Feldstudie, die auch Kontrollgewässer einbezog und so belastbare Ergebnisse hervorbrachte, haben wir die Erfolgsaussicht Ökosystem-bezogener Maßnahmen nun auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt. Zentral ist, dass die Verbesserung der Ökosysteme die wichtigsten beschränkenden Habitate umfasst. In Baggerseen sind das Flachwasserzonen, in anderen Gewässertypen können aber auch andere Habitate wichtiger sein, wie z. B. die Wiederherstellung von Auen in Fließgewässern“, erläutert Robert Arlinghaus.

Nationale Champions mit Chance auf Millionenförderung

Die Nationalen Champions für wissenschaftliche Durchbrüche im Bereich Nachhaltigkeit wurden von einer Jury aus 100 renommierten Nachhaltigkeitsforscher:innen weltweit unter Vorsitz von Professor Johan Rockström vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ausgewählt. Die Nationalen Champions werden nun in die Endrunde des Wettbewerbs einziehen, in der im Juni 2025 drei internationale Champions vorgestellt werden, die jeweils eine Million US-Dollar für ihre weitere Forschung erhalten.

 

Original-Publikation:

Radinger, J., Matern, S., Klefoth, T., Wolter, C., Feldhege, F., Monk, C.T., Arlinghaus, R. (2023). Ecosystem-based management outperforms species-focused stocking for enhancing fish populations. Science, 379, 6635, 946-951.

 

 

Hintergrund: Frontiers Planet Prize

Der Frontiers Planet Prize ist ein internationaler Wissenschaftspreis, der seit 2022 von der Frontiers Research Foundation verliehen wird. Er zeichnet Forschende aus, deren bahnbrechende Arbeiten das Potenzial haben, die weltweite Umweltkrise zu entschärfen und das Ökosystem unseres Planeten zu stabilisieren.

Jedes Jahr wird in jedem teilnehmenden Land ein sogenannter National Champion ernannt. Aus diesem Kreis wählt eine unabhängige Jury — bestehend aus 100 Expert:innen — drei International Champions aus. Jede dieser drei herausragenden Forschenden oder Forschungsgruppen erhält eine Million US-Dollar, um ihre Arbeit weiter voranzutreiben und ihren Einfluss weltweit zu stärken.

Ziel des Preises ist es, ähnlich wie während der COVID-19-Pandemie globale Kräfte zu bündeln — diesmal aber im Kampf gegen die Umwelt- und Klimakrise.

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Aktuelles 2025 Top_Slider FB3News Fischereiforschung Marine Ökosysteme
news-9834 Wed, 16 Apr 2025 16:00:00 +0200 Starkes Zeichen der Verbundenheit mit der deutschen Meeresforschung /news/article/starkes-zeichen-der-verbundenheit-mit-der-deutschen-meeresforschung 16.04.2025/Mindelo/Kiel. Der Präsident der Republik Cabo Verde, S.E. José Maria Pereira Neves hat am Wochenende das Forschungsteam der Expedition M209 besucht. Er ging in der Bucht „Baía do Inferno“ vor der kapverdischen Insel Santiago an Bord des deutschen Forschungsschiffes METEOR, um sich über die Tiefseeforschung zu informieren, die derzeit unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel rund um Cabo Verde durchgeführt wird. Der Besuch unterstreicht das langjährige Engagement beider Länder für den Schutz des Ozeans und die enge wissenschaftliche Partnerschaft. Seit drei Wochen ist das deutsche Forschungsschiff METEOR rund um die Kapverdischen Inseln unterwegs: Die Forschungsausfahrt M209 unter Leitung von Dr. Henk-Jan Hoving, Meeresbiologe am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, untersucht die dortigen Tiefsee-Ökosysteme. Nun bekam das internationale Forschungsteam hohen Besuch. Der Präsident der Republik Cabo Verde, Seine Exzellenz José Maria Pereira Neves kam in Begleitung von Meeresminister Jorge Santos und acht weiteren Delegationsmitgliedern am Wochenende in der Bucht „Baía do Inferno“ vor der Insel Santiago an Bord.

Hochrangiger Besuch bei der M209-Expedition

Präsident José Maria Neves, international anerkannt als engagierter Fürsprecher für den Schutz des Ozeans und seit 2023 Schirmherr der von der UNESCO initiierten Ocean Decade Alliance, nahm sich Zeit für einen „Hands-on“-Besuch: Er wollte dabei sein, wenn der Unterwasserroboter ROV KIEL 6000 auf Tauchfahrt geht, um die Artenvielfalt zu erforschen, sich mit dem Kapitän und der Schiffscrew austauschen und von dem internationalen Forschungsteam aus erster Hand erfahren, welche Herausforderungen und Chancen die seegehende Forschung mit sich bringt.

„Die Tiefseeforschung, die hier von Bord der METEOR aus betrieben wird, deckt die marine Artenvielfalt auf und offenbart den Reichtum Cabo Verdes“, sagte Präsident Neves. „Wir konnten dabei sein, als das ROV auf den Meeresboden hinabgetaucht ist - die Forscher führen Tauchgänge durch, kartieren unseren Meeresboden und identifizieren verschiedene Arten. Das ist in jeder Hinsicht ein enormer Beitrag für die Wissenschaft und die zukünftige Entwicklung von Cabo Verde.“

Neves nutzte auch die Gelegenheit, sich über die Arbeit der drei an der Expedition teilnehmenden kapverdischen Meereswissenschaftler:innen zu informieren: Rui Freitas von der Universidade Técnica do Atlantico (UTA), Keider Neves von der in Mindelo ansässigen Nichtregierungsorganisation Biosfera 1 und Vanessa Lopes vom Projecto Vitó auf der Insel Fogo.

„Dies ist die zweite Tiefsee-Biologie-Expedition, an der ich teilnehme“, sagt Rui Freitas, „und die Zusammenarbeit mit dem großartigen Forschungsteam von Henk-Jan Hoving vom Ƶ ist eine tolle Erfahrung. Die Verbindung unseres Wissens über Küsten- und Riff-Fische mit der enormen Artenvielfalt in der Tiefsee stärkt die Rolle von Cabo Verde als Hotspot der marinen Biodiversität. Die modernen Beobachtungsmethoden an Bord der METEOR haben der Tiefseeforschung in Cabo Verde wichtige Impulse gegeben und eröffnen neue Chancen für unser Verständnis der Tiefsee.“

Der Krebstierexperte und Taxonom Keider Neves ergänzt: „Als kapverdischer Wissenschaftler, der sich für die reiche marine Biodiversität des Landes interessiert, ist dies eine einzigartige Gelegenheit, die Meeresökosysteme vor Cabo Verde aus erster Hand zu erforschen und Proben von Arten zu sammeln, die nicht nur in unserem Land, sondern auch in der Wissenschaft noch wenig bekannt oder völlig neu sind.“

Vanessa Lopes fügt hinzu: „Der Besuch des Präsidenten hat uns die Gelegenheit gegeben, einige unserer Erkenntnisse aus der Expedition M209 Basis zu teilen. Wir haben sowohl nahezu unberührte Meeresbereiche als auch Regionen entdeckt, die bereits durch Verschmutzung beeinträchtigt sind – das macht deutlich, wie dringend ein besserer Meeresschutz gebraucht wird. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, und eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten ist entscheidend, um in Cabo Verde ein wirksames, auf das gesamte Ökosystem ausgerichtetes Management umzusetzen.“

M209: Erforschung der Tiefseebiologie von Cabo Verde

Die Expedition M209 mit dem Titel „BASIS“ widmet sich der Erforschung von Tiefsee-Lebensräumen rund um die kapverdischen Inseln. Sie steht im Zusammenhang mit der POSEIDON-Fahrt POS532 im Jahr 2019 und einer Reihe weiterer Feldkampagnen. Im Fokus stehen biologische Vielfalt und Nahrungsnetze in verschiedenen Tiefseezonen – von der mittleren Wassersäule bis zum Meeresboden. Durch den kombinierten Einsatz von Hightech-Geräten wie Schleppkameras, akustischen Sensoren und Umwelt-DNA-Proben wollen die Forschenden die empfindlichen und weitgehend unerforschten Lebensräume vor Cabo Verde dokumentieren. Diese Daten sind nicht nur von großem wissenschaftlichem Wert, sondern bilden auch eine wichtige Grundlage für lokale Behörden, Universitäten und Nichtregierungsorganisationen für die Ausweisung künftiger Meeresschutzgebiete in den Hoheitsgewässern von Cabo Verde.

Stärkung der wissenschaftlichen Partnerschaft zwischen Cabo Verde und dem Ƶ

Für die deutsche Meeresforschung war der Besuch des Staatsoberhauptes eine besondere Ehre – es war der bislang ranghöchste Besuch auf einem deutschen Forschungsschiff in der Region. Präsident Neves ist seit den Anfängen ein verlässlicher Partner der wissenschaftlichen Kooperation zwischen Cabo Verde und dem Ƶ.

Neben gemeinsamen Forschungsprojekten umfasst die Zusammenarbeit auch den Betrieb des Ocean Science Centre Mindelo (OSCM), das als Drehscheibe für Meeresforschung und Wissensaustausch in Westafrika dient. Der Grundstein für das OSCM wurde 2014 gemeinsam mit Prof. Dr. Arne Körtzinger vom Ƶ, wissenschaftlicher Leiter des OSCM, gelegt. In Kooperation mit der Universidade Técnica do Atlantico (UTA) und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) stärkt das OSCM die regionalen wissenschaftlichen Kapazitäten durch verschiedene akademische Programme wie den Masterstudiengang WASCAL. Im Herbst 2023 hatten sich die Staatspräsidenten beider Länder, S.E. José Maria Neves und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, im OSCM getroffen und ihr Interesse an einer Fortsetzung dieses Weges zum Ausdruck gebracht.

Dass sich der kapverdische Präsident nun persönlich ein Bild von der Expedition gemacht hat, unterstreicht den hohen Stellenwert der gemeinsamen Arbeit für den Schutz und das Verständnis des Ozeans.

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Aktuelles 2025 Top_Slider Cabo Verde Expeditionen Marine Ökosysteme
news-9836 Mon, 14 Apr 2025 11:00:00 +0200 Stoffflüsse in der Arktis vor tiefgreifenden Veränderungen durch den Klimawandel /news/article/stofffluesse-in-der-arktis-vor-tiefgreifenden-veraenderungen-durch-den-klimawandel 14.04.2025/Kiel. Wie gelangen Stoffe aus sibirischen Flüssen in den Arktischen Ozean – und was bedeutet das für die Ökosysteme im hohen Norden? Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bristol hat diese Frage nun in einer in Nature Communications veröffentlichten Studie beantwortet. Die Untersuchung basiert auf Daten der MOSAiC-Expedition, der bislang größten Arktis-Expedition, und offenbart: Die Transpolardrift, eine wichtige arktische Oberflächenströmung, ist räumlich und zeitlich weitaus variabler als bislang gedacht – mit direkten Folgen für den Transport von Nährstoffen, Mikroplastik und anderen Schadstoffen. An der Studie beteiligt waren unter anderem die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Die Transpolardrift, eine großräumige Meeresströmung, ist ein wichtiger Transportweg für Süßwasser und terrestrische Stoffe im Arktischen Ozean. Die Oberflächenströmung prägt nicht nur die polaren Ökosysteme, sondern beeinflusst auch die globale Ozeanzirkulation. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Universität Bristol hat nun gemeinsam mit internationalen Partnern, darunter die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, bisher unbekannte Einblicke in die Transportwege geliefert, über die beispielsweise Nähr- oder Schadstoffe aus sibirischen Flüssen in die Arktis gelangen. Die Ergebnisse, die heute [14.4.2025] in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurden, wecken neue Besorgnis über die zunehmende Ausbreitung von Schadstoffen und deren mögliche Folgen für die empfindlichen Ökosysteme der Arktis angesichts des fortschreitenden Klimawandels.

Neue Erkenntnisse aus der bisher größten Arktis-Expedition

Die neue Studie basiert auf den Ergebnissen der MOSAiC-Expedition – der bisher größten Arktis-Expedition, bei der das deutsche Forschungsschiff POLARSTERN ein Jahr lang eingefroren im Meereis driftete. Die Forschenden liefern das bislang präziseste Bild davon, wie die sogenannte Transpolardrift funktioniert und welche verschiedenen Faktoren diese wichtige arktische Oberflächenströmung beeinflussen – darunter auch steigende Temperaturen, die die Verbreitung von Schadstoffen zusätzlich verstärken könnten. Der arktische Stofftransport beeinflusst sowohl die Verteilung von natürlichen Stoffen wie Nährstoffe, Spurenelemente, Gase und organisches Material als auch von anthropogenen Schadstoffen wie Mikroplastik oder Schwermetalle. Diese gelangen aus den sibirischen Flusssystemen in den zentralen Arktischen Ozean und weiter in den Nordatlantik. Alle diese Stoffe beeinflussen die biogeochemischen Prozesse und Ökosysteme in der Arktis, während das Süßwasser selbst die Ozeanzirkulation verändert.

Transportwege variabler als bisher angenommen

Da der Arktische Ozean ein besonders variables System ist, folgen die Stoffe aus den Flüssen keinem einheitlichen Pfad. Stattdessen nehmen sie unterschiedliche, jahreszeitlich variierende Wege, die durch sich ändernden Schelfbedingungen, ѱٰöܲԲ und der Bildung, Drift und dem Abschmelzen von Meereis bestimmt werden. Dies führt zu einer raschen und weiträumigen Umverteilung sowohl von natürlichen Stoffen als auch von schädlichen Substanzen. „Wir haben deutliche Veränderungen in der Zusammensetzung des sibirischen Flusswassers entlang der Transpolardrift beobachtet – ein klarer Hinweis auf hochdynamische Wechselwirkungen. Saisonale Schwankungen der Flusseinträge und die dynamische Zirkulation auf dem sibirischen Schelf treiben die Variabilität an der Ozeanoberfläche an, während die Wechselwirkung zwischen Meereis und Ozean die Umverteilung der von den Flüssen transportierten Stoffe noch verstärkt,“ erklärt Erstautor Dr. Georgi Laukert, Marie-Curie-Postdoktorand für Chemische Ozeanographie an der Universität Bristol (UK) und der Woods Hole Oceanographic Institution (USA).

„Eine weitere zentrale Erkenntnis ist die zunehmend aktive Rolle des Meereises, das sich entlang der Transpolardrift bildet – nicht nur als passives Transportmittel, sondern als aktiver Gestalter der Stoffumverteilung. Dieses Meereis nimmt während seines Wachstums – anders als das meiste küstennahe Meereis – Material aus mehreren Flüssen auf und bildet so komplexe Stoffmischungen, die über weite Strecken transportiert werden,“ so Laukert, der nach seiner Promotion an der Uni Kiel als Postdoktorand am Ƶ Helmholz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und an der Dalhousie University (Kanada) geforscht hatte.

Geochemischer Fingerabdruck ermöglicht Rückverfolgung von Stoffflüssen

Um diese komplexen Transportwege zu entschlüsseln, analysierte das internationale Forschungsteam die Isotope von Sauerstoff und Neodym und Seltenen Erden in Proben von Meerwasser, Meereis und Schnee und erstellte daraus einen geochemischen Datensatz. Dieser geochemische „Fingerabdruck“ ermöglichte es den Forschenden, die Herkunft der in den Flüssen transportierten Stoffe zurückzuverfolgen und deren Entwicklung im Laufe eines Jahres im zentralen Arktischen Ozean zu rekonstruieren.

„Die Ergebnisse stellen eine bislang einzigartige Ganzjahresbeobachtung dar. Zuvor hatten wir nur Sommerdaten, da Expeditionen ins Wintereis zu aufwendig und zu zeitintensiv waren. Diese kontinuierlichen, interdisziplinären Daten aus der Arktis liefern entscheidende Erkenntnisse, die unser Verständnis des hochkomplexen Ozeansystems und seiner zukünftigen Entwicklung erheblich erweitern,“ sagt Co-Autorin Dr. Dorothea Bauch von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Da sich das sommerliche Meereis aufgrund steigender Temperaturen weiter zurückzieht, verändern sich auch die Zirkulations- und Driftmuster zunehmend. „Diese Veränderungen könnten die Verteilung von Süßwasser und Flussmaterial in der Arktis grundlegend beeinflussen – mit weitreichenden Folgen für Ökosysteme, biogeochemische Kreisläufe und die Dynamik der Ozeane,“ ergänzt Co-Autor Prof. Dr. Benjamin Rabe vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) und Honorarprofessor an der Hochschule Bremerhaven.

Transpolardrift nicht so stabil wie angenommen

Die Forschungsergebnisse stellen auch die langjährige Annahme in Frage, dass die Transpolardrift ein stabiles ‚Förderband‘ für Flusswasser ist. Zwar wurde sie bereits von Fridtjof Nansen auf seiner legendären Fram-Expedition in den 1890er Jahren beschrieben, doch mehr als 130 Jahre später zeigen die neuen Erkenntnisse, dass die Transpolardrift räumlich und zeitlich sehr variabel ist.

„Unsere Studie befasst sich zwar nicht mit einzelnen Schadstoffen, beleuchtet aber die zugrundeliegenden Transportmechanismen, ein entscheidender Schritt, um vorherzusagen, wie sich der arktische Stofftransport im Zuge der globalen Erwärmung verändern wird. Wenn selbst diese symbolträchtige Strömung so dynamisch ist, dann könnte der gesamte Arktische Ozean deutlich variabler und anfälliger sein als bisher angenommen,“ resümiert Dr. Laukert.

Publikation:

Laukert, G., Bauch, D., Rabe, B., Krumpen, T., Damm, E., Kienast, M. Hathorne, E., Vredenborg, M., Tippenhauer, S., Andersen, N., Meyer, H., Mellat, M., D’Angelo, A., Simoes Pereira, P., Nomura, D., Horner, T.J., Hendry, K., Kienast, S. (2025). Dynamic ice–ocean pathways along the Transpolar Drift amplify the dispersal of Siberian matter. Nature Communications, 16, 3172.

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Aktuelles 2025 Top_Slider FB1News Klimaarchive ѱٰöܲԲ Ozean und Klima Klima
news-9828 Fri, 11 Apr 2025 14:00:00 +0200 Tiefsee bewahren und nutzen: Forschende fordern mehr Wissen für nachhaltiges Management /news/article/tiefsee-bewahren-und-nutzen-forschende-fordern-mehr-wissen-fuer-nachhaltiges-management 11.04.2025/Brüssel/Kiel. Unter der Leitung von Professorin Dr. Sylvia Sander vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel hat eine Gruppe von international führenden Meereswissenschaftler:innen ein Future Science Brief zum Thema Tiefseeforschung öڴڱԳٱ. Der Bericht bietet eine umfassende Analyse der aktuellen Forschung und gibt Empfehlungen, wie sowohl die Erforschung als auch das Management der Tiefsee in Zukunft nachhaltiger gestaltet werden können. Die Wissenschaftler:innen warnen: Ohne umfassendes Wissen über Ökosystemprozesse und Artenvielfalt sind fundierte Entscheidungen zur nachhaltigen Nutzung und zum Schutz der Tiefsee nicht möglich. Jetzt fordern sie gezielte Forschung, um diese Wissenslücken zu schließen und die Tiefsee langfristig zu bewahren. Der Bericht richtet sich an Zielgruppen aus Politik, Wissenschaft und Forschung sowie internationale Organisationen und wird heute digital vorgestellt. Wo beginnt die Tiefsee? Die Definition ist in der Wissenschaft und auch rechtlich durchaus nicht einheitlich. Für ihre gemeinsame Analyse des Stands der Tiefseeforschung haben sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe „Deep Sea and Ocean Health“ des European Marine Board (EMB) auf eine Tiefe  ab 200 Metern geeinigt. Ab dieser Tiefe dringt kaum noch Sonnenlicht durch das Wasser, und der Lebensraum verändert sich gravierend. Nach dieser Definition macht die Tiefsee rund 90 Prozent des Volumens des Ozeans aus. Ihre Bedeutung für die Ökosysteme und die biologische Vielfalt ist also immens. Doch derzeit wächst der Druck auf diese zum Teil noch relativ unberührten Lebensräume unseres Planeten: Menschliche Aktivitäten wie Ölförderung, Fischerei und der potenzielle Bergbau am Meeresboden bedrohen die Ökosysteme der Tiefsee, und auch der Klimawandel wirkt sich negativ aus.

Die Arbeitsgruppe aus 11 Wissenschaftler:innen hat nun ihre Analyse zum Thema Tiefsee und Ozeangesundheit mit zehn Empfehlungen vorgelegt. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sylvia Sander, Professorin für Marine Mineralische Rohstoffe am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung und Dr. Christian Tamburini vom Mediterranean Institute of Oceanography (MIO) erarbeiteten sie den Bericht, der heute vom EMB im Rahmen eines Webinars vorgestellt wird. Das Dokument unterstreicht unter anderem die Notwendigkeit erheblicher Investitionen in die Tiefseeforschung, um Wissenslücken zu schließen und Informationen für wissenschaftlich fundierte Entscheidungen beispielsweise über Tiefseebergbau bereitzustellen.

„Der Ozean ist ein zusammenhängendes System, das von der Küste bis in die tiefsten Tiefen reicht“, betont Sylvia Sander, „und selbstverständlich kann die Tiefsee nicht losgelöst von der photischen – der lichtdurchfluteten – Zone oder dem Meeresboden betrachtet werden.“ Daher seien Tiefseeforschung, -nutzung und -schutz untrennbar mit der Ozeangesundheit verbunden.

Zehn Empfehlungen für nachhaltigen Tiefseeschutz und bessere Zusammenarbeit:

Die Arbeitsgruppe fordert zehn zentrale Maßnahmen für den nachhaltigen Schutz der Tiefsee:

  1. Effektive Regulierung menschlicher Aktivitäten
  2. Einrichtung eines internationalen Komitees für Tiefsee-Nachhaltigkeit
  3. Entwicklung standardisierter Methoden zur Umweltverträglichkeitsprüfung
  4. Förderung transdisziplinärer Forschungsprogramme
  5. Investition in langfristige Tiefsee-Monitoring-Projekte
  6. Vertiefung des Verständnisses globaler Tiefseeprozesse durch groß angelegte, interdisziplinäre Langzeitforschungsprojekte
  7. ǰܲԲöܲԲ in Bereichen wie Genomsequenzierung und biogeochemischer Prozesse
  8. Aufbau globaler Kapazitäten für Tiefseeforschung
  9. Technologietransfer in unterrepräsentierte Regionen
  10. Implementierung der FAIR-Prinzipien für Tiefsee-Daten

Die Tiefsee: Unverzichtbare Ökosysteme für das Leben auf der Erde

Dass in den dunklen, kalten Tiefen des Meeres, wo extrem hoher Druck herrscht, überhaupt Leben existieren könnte, wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bezweifelt, als mit dem Beginn der Tiefseeforschung zum ersten Mal dort lebende Organismen entdeckt wurden. Heute weiß die Forschung, dass die Tiefsee eine große Vielfalt an Lebensformen birgt. An Kontinentalhängen, auf den abyssalen Tiefebenen oder an Hydrothermalquellen, den sogenannten Schwarzen Rauchern, gibt es komplexe Ökosysteme, über die noch wenig bekannt ist.

Wissenslücken: Vieles ist noch unerforscht

Schätzungsweise 90 Prozent aller Organismen in der Tiefsee sind noch nicht beschrieben und ihre Funktionen innerhalb des Ökosystems unbekannt. Auch in der physikalischen Ozeanographie gibt es große Lücken, etwa bei der Modellierung von Tiefenströmungen, die entscheidend für den Transport von Nähr- und Schadstoffen sind. In der Geochemie ist unklar, wie biogeochemische Kreisläufe in der Tiefsee durch menschliche Eingriffe wie Tiefseebergbau beeinflusst werden. So ist beispielsweise noch wenig darüber bekannt, wie Sedimentwolken, die durch den Abbau von Manganknollen entstünden, sich ausbreiten und welche langfristigen Folgen sie für die Lebensgemeinschaften am Meeresboden hätten. Schließlich gibt es auch technische Herausforderungen: Viele moderne Sensoren und Monitoring-Systeme sind für extreme Tiefen unzureichend entwickelt, was die Erfassung wichtiger Parameter erschwert. Diese Wissenslücken müssten dringend geschlossen werden, um wissenschaftlich fundierte Entscheidungen für die Tiefseebewirtschaftung zu ermöglichen, mahnen die Wissenschaftler:innen an.

Die Herausforderung: Bedrohung der Tiefsee durch menschliche Aktivitäten

Was wir allerdings gesichert wissen: Der Ozean, dessen größten Teil die Tiefsee ausmacht, speichert große Mengen CO₂ und Wärme, was zur Minderung des Klimawandels beiträgt, er spielt eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoffkreislauf und produziert als „Lunge des Planeten“ mehr als 50 Prozent des Sauerstoffs. Störungen in diesen Funktionen könnten gravierende globale Folgen haben. Um den Erhalt dieser Ökosystemdienstleistungen zu sichern, sind fundierte Schutzmaßnahmen und nachhaltige Nutzungsstrategien dringend erforderlich.

Denn die Auswirkungen menschlichen Handelns beeinträchtigen die Tiefsee in vielfacher Hinsicht. Veränderungen, die in menschlichen Zeitskalen schon nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wie Erwärmung, Versauerung und Sauerstoffmangel bedrohen die sensiblen Lebensräume. Gleichzeitig gefährdet die Übernutzung von Fischbeständen und nicht erneuerbarer Ressourcen wie Öl, Gas und Mineralien die Biodiversität und Ökosystemfunktionen. 

Dringender Handlungsbedarf für die Ozeangesundheit

2025 sei ein entscheidendes Jahr, um Maßnahmen für die Gesundheit des Ozeans zu ergreifen, sind sich die Wissenschaftler:innen einig: Es sei entscheidend, den Kampf gegen den Klimawandel jetzt wirksam  anzugehen, um die angestrebten Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen. Sylvia Sander: „Der Klimawandel ist eine der besorgniserregendsten Bedrohungen für unsere Lebensgrundlagen und das Leben auf der Erde überhaupt. Zusammen mit dem Verlust der Artenvielfalt könnte er in naher Zukunft zu erheblichen und irreversiblen Störungen des gesamten Ozeans, einschließlich der Tiefsee und den von Schnee und Eis bedeckten Teilen der Erde führen.“

Die Rolle der EU: Wie Europa den Schutz der Tiefsee vorantreiben kann

Die Arbeitsgruppe betont, dass Europa eine führende Rolle beim internationalen Schutz und der nachhaltigen Bewirtschaftung der Tiefsee übernehmen sollte, insbesondere im Rahmen bestehender internationaler Abkommen.

„Die EU könnte bei den internationalen Bemühungen um eine bessere Regelung der Tiefseeaktivitäten eine wichtige Rolle spielen“, sagt Sylvia Sander, „dafür braucht es die Einrichtung wissenschaftlicher Ausschüsse für den Tiefseeschutz und die Entwicklung standardisierter Folgenabschätzungen.“

Außerdem fordern die Forschenden eine gesicherte Finanzierung transdisziplinärer Forschung und langfristiger Überwachung. Sylvia Sander: „Wir müssen besser verstehen, wie es dem Ozean geht, um die Tiefsee zu schützen und nachhaltig zu nutzen – wo zeigen sich Veränderungen?“ Dafür brauche es mehr Forschung und Technik. „Außerdem müssen wir unterrepräsentierte Nationen in der Tiefseeforschung mehr unterstützen und die Wissenschaft als Menschenrecht anerkennen. Nur so können wir die Gesundheit des Ozeans und des Planeten für künftige Generationen sichern.“

 

Publikation: 

Sander, S. G., Tamburini, C., Gollner, S., Guilloux, B., Pape, E., Hoving, H. J., Leroux, R., Rovere, M., Semedo, M., Danovaro, R., Narayanaswamy, B. E. (2025) Deep Sea Research and Management Needs. Muñiz Piniella, A., Kellett, P., Alexander, B., Rodriguez Perez, A., Bayo Ruiz, F., Teodosio, M. C., Heymans, J. J. [Eds.] Future Science Brief N°. 12 of the European Marine Board, Ostend, Belgium.

Hintergrund: European Marine Board

Das European Marine Board (EMB) ist ein Zusammenschluss von 38 Organisationen aus 19 europäischen Ländern, die sich für die Meeresforschung engagieren. Es wurde 1995 gegründet, um die Zusammenarbeit in der europäischen Meereswissenschaft zu stärken und gemeinsame Forschungsstrategien zu entwickeln. Das EMB dient als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik, unterstützt den Wissensaustausch und gibt Empfehlungen an nationale Behörden und die Europäische Kommission, um die Meeresforschung in Europa voranzubringen. Zu den Mitgliedern gehören führende ozeanografische Institute, Forschungsförderer und Universitäten mit marinem Schwerpunkt.

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news-9830 Fri, 11 Apr 2025 11:00:00 +0200 CO2-Entnahme und -Speicherung: Welche Verfahren sind sinnvoll und wünschenswert? /news/article/co2-entnahme-und-speicherung-welche-verfahren-sind-sinnvoll-und-wuenschenswert 11.04.2025/Kiel. Mit zunehmendem Klimawandel steigt der Druck auf die Menschheit, der Atmosphäre gezielt Kohlendioxid (CO2) zu entnehmen – möglicherweise auch mithilfe des Meeres. Doch welche der diskutierten meeresbasierten Verfahren zur CO2-Entnahme und -Speicherung sollten tatsächlich eingesetzt werden? Wissenschaftler:innen der Forschungsmission CDRmare haben einen neuen Bewertungsleitfaden entwickelt, der Verantwortliche in die Lage versetzt, faktenbasiert zu entscheiden, ob eine ausgewählte marine Entnahmemethode oder ein konkretes Entnahmeprojekt umgesetzt werden können und ob ihre Folgen für Mensch und Natur wünschenswert sind. Damit unterstreichen die Forschenden, dass bei Entscheidungen über den Einsatz solcher Verfahren nicht ausschließlich deren technische, rechtliche und politische Machbarkeit im Fokus stehen darf, sondern auch die möglichen Folgen eines Einsatzes für Mensch und Natur auf strukturierte und einheitliche Weise bewertet werden müssen. Bewertungsleitfäden für Klimaschutzmaßnahmen werden von Fachleuten entwickelt und eingesetzt, um im Rahmen einer Technologiebewertung alle relevanten Informationen zu sammeln, zu strukturieren und zu gewichten. Diese Aufgabe erfüllen existierende Bewertungsschemata für Klimaschutzmaßnahmen wie etwa solche zur CO2-Entnahme und -Speicherung jedoch nur unzureichend, urteilen Expert:innen der Forschungsmission CDRmare in zwei neuen Fachpublikationen.

„Für die Frage, ob und wie ein CO2-Entnahmeverfahren umgesetzt werden sollte, sind sowohl seine Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit relevant als auch seine Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Mit den bislang bekannten Schemata lässt sich diese Frage aber nicht systematisch betrachten,“ sagt Prof. Dr. Christian Baatz, Klima- und Umweltethiker an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Co-Autor der beiden neuen Fachartikel. „Wir zeigen jetzt, wie es besser geht und stellen Akteuren einen strukturierten Leitfaden für die Bewertung mariner CO2-Entnahmeprojekte zur Verfügung. Mit ihm können sie alle zentralen Themenaspekte bearbeiten und am Ende faktenbasiert entscheiden.“

29 Kriterien für eine umfassende Bewertung mariner CO2-Entnahmemethoden

Der neue Leitfaden umfasst 29 Kriterien, mit denen sieben große Themenbereiche beleuchtet werden. Dazu gehören sowohl Fragen zur technischen, rechtlichen und politischen Machbarkeit der zu bewertenden Verfahren als auch Fragen zur Wirtschaftlichkeit, Gerechtigkeit und solche der Umweltethik. Aufgrund dieser Komplexität empfehlen die Forschenden, Fachleute aus der Wissenschaft, der Wirtschaft, der öffentlichen Verwaltung, aus Interessenverbänden sowie aus gegebenenfalls betroffenen Bevölkerungsgruppen in den Bewertungsprozess einzubinden. Diesem Grundsatz folgend, hatten die Wissenschaftler:innen die Praxistauglichkeit des neuen Bewertungsleitfadens in einer Reihe transdisziplinärer Workshops überprüft, an denen zahlreiche Vertreter:innen aus Behörden und Interessenverbänden teilnahmen.

„Wie unsere Erfahrungen aus den Testläufen des neuen Leitfadens zeigen, sollte niemand allein versuchen, eine marine CO2-Entnahmemethode oder ein konkretes Entnahmeprojekt zu bewerten. Aufgrund der hohen Komplexität des Themas braucht es immer die Expertise vieler“, betont Ko-Autor Dr. Lukas Tank, ebenfalls Klima- und Umweltethiker an der CAU.

Im Idealfall machbar und wünschenswert

Neben dem Kriterienkatalog haben die Forschenden fünf Leitprinzipien definiert, die dazu beitragen sollen, dass im Zuge des Bewertungsverfahrens Informationen mit bestmöglicher Qualität zusammengetragen werden. Diese Leitprinzipien zielen darauf ab, das Verfahren transparent zu gestalten und alle möglicherweise von der Maßnahme betroffenen Parteien an dem Bewertungsverfahren zu beteiligen.

„Final zu entscheiden, ob ein konkretes marines CO2-Entnahmeprojekt umgesetzt werden soll, bleibt den politisch und gesellschaftlich Verantwortlichen vorbehalten. Im besten Fall entscheiden sich diese für wirksame Projekte und Methoden, die sowohl technisch, rechtlich und politisch machbar sind als auch wirtschaftlich, gerecht und umweltverträglich. Dabei kann unser Bewertungsrahmen unterstützen“, sagt Prof. Dr. Gregor Rehder, Chemiker am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW). Auch er war als Autor an beiden Fachartikeln beteiligt und hat zudem den CDRmare-Forschungsverbund ASMASYS geleitet, unter dessen Schirm die Forschungsarbeiten zu beiden Publikationen stattgefunden haben.

 

Hintergrund: CDRmare

CDRmare ist eine Forschungsmission der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM). Ihr Langtitel lautet „Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung“. Die Mission startete im Sommer 2021 mit sechs Forschungsverbünden, die vielversprechende Methoden der marinen CO2-Entnahme und -Speicherung (Alkalinisierung, Ausweitung vegetationsreicher Küstenökosysteme, künstlicher Auftrieb, CCS) hinsichtlich ihrer Potenziale, Risiken und Wechselwirkungen untersuchen und in einem transdisziplinären Bewertungsrahmen zusammenführen.

Im August 2024 ist CDRmare mit fünf Forschungsverbünden in die zweite dreijährige Förderphase gestartet. Gefördert wird CDRmare vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und den Wissenschaftsressorts der norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.

Publikationen:

Tank, Lukas; Lieske Voget-Kleschin, Matthias Garschagen, Miranda Boettcher, Nadine Mengis, Antonia Holland-Cunz, Gregor Rehder & Christian Baatz (2025): Distinguish Between Feasibility and Desirability When Assessing Climate Response Options, NPJ Climate Action, DOI: 10.1038/s44168-025-00237-2

Christian Baatz, Lukas Tank, Lena-Katharina Bednarz, Miranda Boettcher, Teresa Maria Morganti, Lieske Voget- Kleschin, Tony Cabus, Erik van Doorn, Tabea Dorndorf, Felix Havermann, Wanda Holzhüter, David Peter Keller, Matthias Kreuzburg, Nele Matz-Lück, Nadine Mengis, Christine Merk, Yiannis Moustakis, Julia Pongratz, Hendrikje Wehnert, Wanxuan Yao and Gregor Rehder (2025): A holistic assessment framework for marine carbon dioxide removal options. Environmental Research Letters, DOI: 10.1088/1748-9326/adc93f

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Aktuelles 2025 Top_Slider FB1News Kohlenstoffspeicherung im Ozean Ozean und Klima Klima
news-9815 Thu, 03 Apr 2025 09:57:22 +0200 CO2-Speicherung unter der deutschen Nordsee? Forschungsverbund GEOSTOR legt Zwischenbericht vor /news/article/co2-speicherung-unter-der-deutschen-nordsee-forschungsverbund-geostor-legt-zwischenbericht-vor 03.04.2025/Kiel. Abgeschiedenes Kohlendioxid (CO2) kann tief unter der deutschen Nordsee gespeichert werden. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten und möglicher Umweltrisiken sollte dort aber nur jene CO2-Restmenge deponiert werden, deren Entstehung sich trotz konsequenter Klimapolitik nicht vermeiden lässt. Das ist die Kernaussage eines ausführlichen Zwischenberichtes, den Wissenschaftler:innen des Forschungsverbundes zur CO2-Speicherung in Sandsteinformationen unter der deutschen Nordsee (GEOSTOR) heute veröffentlicht haben. Darin stellen sie die Ergebnisse aus den ersten drei Jahren Forschung zu den Potenzialen und Risiken einer CO2-Speicherung unter der deutschen Nordsee vor und erläutern, welche Hürden und Unsicherheiten noch beseitigt werden müssen, bevor CO2 im Nordsee-Untergrund verpresst werden könnte. GEOSTOR ist Teil der Forschungsmission CDRmare der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM). „Die wesentlichen Herausforderungen liegen aktuell darin, Vorkehrungen zu treffen, mit denen Leckagen aus dem Speichergestein vermieden werden können. Zudem gilt es, den Lärm bei Arbeiten wie der Speichererkundung und -überwachung zu minimieren sowie Lösungen für die absehbaren Nutzungskonflikte, beispielsweise Windkraftanlagen, zu finden und diese in der Meeresraumplanung zu berücksichtigen“, erläutert GEOSTOR-Koordinator Prof. Dr. Klaus Wallmann vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Außerdem muss der nationale Rechtsrahmen aktualisiert werden, um die CO2-Speicherung in der deutschen Nordsee seewärts der Küstengebiete zu ermöglichen. Entsprechende Pläne werden aktuell im Rahmen der Koalitionsgespräche in Berlin diskutiert.

Ausführliche Informationen zur geologischen CO2-Speicherung

An dem neuen Zwischenbericht haben insgesamt 36 Expert:innen aus acht Forschungs- und Partnerinstitutionen des GEOSTOR-Verbundes mitgearbeitet. Ihr Ziel war es, die Forschungsmethoden und -ergebnisse aus dem Zeitraum 2021 bis 2024 für Fachleute, politisch Verantwortliche und interessierte Bürger:innen aufzubereiten.

„Die Idee, Kohlendioxid in großen Mengen unter der Nordsee zu speichern, wird in der deutschen Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Um so wichtiger ist es für uns als Forschungsverbund, unsere Ergebnisse transparent und nachvollziehbar zu kommunizieren. Aus diesem Grund haben wir diesen Bericht in deutscher Sprache geschrieben und in der Einführung alle Kernergebnisse in leicht verständlicher Form zusammengefasst“, sagt Klaus Wallmann.

Von Speicherkapazitäten, Risiken, Nutzungskonflikten und möglichen Lösungen

Der Zwischenbericht umfasst 15 Kapitel, in denen die Autor:innen auf die verschiedenen Themenaspekte einer geologischen CO2-Speicherung eingehen: angefangen bei den statischen und dynamischen Speicherkapazitäten, über mögliche Risiken für die Meeresumwelt und Offshore-Windanlagen bis hin zu neu entwickelten Überwachungssystemen, möglichen Kosten ausgewählter Speicherprojekte, notwendigen Gesetzesänderungen sowie den absehbaren Konflikten, die es zu lösen gilt, wenn unter der schon jetzt intensiv genutzten Nordsee CO2 gespeichert werden soll. 

Der Bericht kann kostenlos unter heruntergeladen werden.

 

Hintergrund:

CDRmare ist eine Forschungsmission der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM). Ihr Langtitel lautet: »Marine Kohlenstoffspeicher als Weg zur Dekarbonisierung«. Die Mission startete im Sommer 2021 mit sechs Forschungsverbünden, die vielversprechende Methoden der marinen CO2-Entnahme und -Speicherung (Alkalinisierung, Ausweitung vegetationsreicher Küstenökosysteme, Künstlicher Auftrieb, CCS) hinsichtlich ihres Potenzials, ihrer Risiken und Wechselwirkungen untersuchen und in einem transdisziplinären Bewertungsrahmen zusammenführen. Im August 2024 ist CDRmare mit fünf Forschungsverbünden in die zweite dreijährige Förderphase gestartet. Gefördert wird CDRmare vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und den Wissenschaftsressorts der norddeutschen Bundesländer Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein.

Publikation:

Wallmann, K. und das GEOSTOR-Konsortium: CO2-Speicherung unter der deutschen Nordsee? Ergebnisse aus drei Jahren Forschung, pp. 1-142, DOI 10.3289/CDRmare.49

Kontakt:

Sina Löschke, Pressereferentin CDRmare, Tel: 02353 70 71 527; media@cdrmare.de

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Ƶ News Aktuelles 2025 Presse 2025 Top_Slider FB2News Kohlenstoffspeicherung im Ozean Marine Ressourcen
news-9812 Wed, 02 Apr 2025 10:33:04 +0200 Kreativität und Meeresschutz: Alexandra Hahn im Porträt /news/article/kreativitaet-und-meeresschutz-alexandra-hahn-im-portraet Das Ƶ lebt von der Vielfalt der Menschen, die hier forschen, lehren und arbeiten. Unsere Porträtserie stellt in den kommenden Monaten in lockerer Folge Persönlichkeiten vor, die unser Forschungszentrum zu einem so lebendigen Ort der Ozeanforschung machen. Zum Auftakt sprechen wir mit der Doktorandin Alexandra Hahn über ihre Forschung und ihr Engagement an der Schnittstelle von Wissenschaft und Politik beim European Marine Board. Das Gespräch führten Sandy Avrutin und Mathias Zeller vom Postdoc Plus Team. Sie sind Teil des Netzwerks „Staff4Diversity“, in dem die Idee zur Porträtserie entstand. Alexandra Hahn wuchs in einem kleinen Dorf zwischen Frankfurt und Würzburg auf. Nach der Schule verbrachte sie im Rahmen eines Freiwilligendienstes ein Jahr auf Sylt. Eine wunderschöne Zeit sei das gewesen – neben Führungen und Info-Veranstaltungen gehörte es zu ihren Aufgaben, Naturschutzgebiete zu überwachen. Im Grunde sei sie dafür bezahlt worden, am Strand spazieren zu gehen, erzählt sie lachend. Anschließend machte sie ihren Bachelor in Biowissenschaften in Rostock, bevor sie vor viereinhalb Jahren für ihren Master nach Kiel zog. Als Doktorandin arbeitet sie in der Forschungsgruppe Marine Evolutionary Ecology bei Prof. Dr. Thorsten Reusch.

Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit hat Alexandra eine kreative Ader. Sie spielt Horn im Orchester und zeichnet gerne. Dieses Talent nutzt sie auch für ihre Forschung, denn von den Ruderfußkrebsen, die sie untersucht gibt es kaum gute visuelle Darstellungen, also zeichnet sie sie, was nicht nur schön aussieht, sondern den Zuschauer:innen bei ihren Präsentationen auch besonders gut im Gedächtnis bleibt.

Woran forschst du und wie gehst Du vor? 

Alex: Ich untersuche Copepoden in der Ostsee. Das sind winzige Krebstiere, und ich erforsche ihre Anpassung an unterschiedliche Umweltbedingungen, etwa den Salzgehalt des Wassers. Dazu war ich auf mehreren Expeditionen mit der ALKOR und auch auf einem finnischen Forschungsschiff, um Copepoden zu fangen. Denn ich versuche, möglichst viele Bereiche der Ostsee abzudecken, um den gesamten Salzgehaltsgradienten bis an die finnische Küste einzubeziehen. Danach hältere ich die Copepoden in Kulturräumen, wo ich auch Experimente durchführe.

Dann extrahiere ich DNA und RNA im molekularbiologischen Labor. Ich arbeite mit Transkriptomik, das heißt ich analysiere alle RNA-Moleküle, die zu einem bestimmten Zeitpunkt exprimiert werden. Die RNA ist ja die Transkription der DNA. Damit kann ich herausfinden, welche Gene unter bestimmten Stressbedingungen aktiviert werden. In meinem Fall ist der Stressfaktor ein niedriger Salzgehalt. Im letzten Teil meiner Doktorarbeit werde ich mir dann noch anschauen, wie sich das Genom von Populationen an verschiedenen Standorten unterscheidet. 

Was motiviert Dich?

Alex: Ich will verstehen, wie sich die Copepoden an extreme Umweltbedingungen anpassen, denn die Ostsee ist für eine marine Art ein extremer Lebensraum, weil der Salzgehalt ja sehr niedrig ist und nach Osten hin immer weiter abnimmt. Außerdem möchte ich untersuchen, wie sie durch den Klimawandel beeinflusst werden. Einige Modelle prognostizieren, dass der Salzgehalt in der Ostsee weiter sinken wird. Ich will herausfinden, ob und wie sich das auf die Copepoden auswirken könnte. Das ist eine wichtige Frage, denn Copepoden machen einen großen Teil des Zooplanktons in der Ostsee aus und bilden damit die Basis der Nahrungskette.    

Wie bist Du auf Copepoden als Forschungsgegenstand gekommen?

Alex: Ich war schon immer an Umweltveränderungen und dem Klimawandel interessiert und daran, wie sich diese auf Organismen auswirken. Copepoden waren allerdings nicht von Anfang an mein Schwerpunkt. Erst als ich am Ƶ einen Hiwi-Job bekam, bei dem ich Copepoden nach Arten sortierte, entwickelte sich mein Interesse. Ich habe hier in der Kieler Förde eine Langzeitreihe mit Zooplanktonproben analysiert – jede zweite Woche wurden Proben genommen, und ich habe die Arten bestimmt und erfasst, wann sie auftauchten. Dadurch wurde ich quasi zur „Copepoden-Expertin“. Dann kam ein Juniorprofessor, Reid Brennan, der ebenfalls zu Copepoden forschte, und jemand sagte: „Frag ihn doch mal nach einer Masterarbeit!“ – und das habe ich dann getan. 

Du hast Dich in den vergangenen zwei Jahren als Young Ambassador beim European Marine Board (EMB) engagiert. Warum hast Du Dich für dieses Amt entschieden?

Alex: Ich habe mich beworben, weil mich die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik interessiert. Das EMB wählt jedes Jahr zwei Nachwuchswissenschaftler:innen aus den Mitgliedsorganisationen aus, um als Young Ambassadors die Verbindung zwischen Early Career Researchers (ECRs) und dem EMB zu stärken. Als am Ƶ eine Ausschreibung dafür herumging, habe ich mich spontan beworben – und wurde ausgewählt. 

Was waren Deine Aufgaben als Young Ambassador? 

Alex: Eine unserer Hauptaufgaben war der Aufbau eines Netzwerks für ECRs innerhalb des EMB, das sogenannte EMB ECOP Network. Wir haben regelmäßig Informationen zu aktuellen EMB-Aktivitäten verbreitet, eine Social-Media-Serie gestartet, um Forschende aus unserem Netzwerk sichtbarer zu machen, und monatliche Webinare zur Wissenschaftspolitik organisiert. Ein besonderes Highlight war die Organisation eines Workshops zur Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik – eine riesige Aufgabe mit Reiseorganisation, Vortragsplanung und inhaltlicher Vorbereitung. Das Ganze gipfelte in einer Konferenz, auf der wir Young Ambassadors die Ergebnisse in einer Keynote vor 250 Teilnehmenden präsentiert haben. 

Was nimmst Du mit aus Deiner Zeit beim EMB? 

Alex: Ich habe gelernt, dass es viele Möglichkeiten gibt, sich zu engagieren – aber dass Zeit und Unterstützung oft die größte Hürde sind. Gerade für ECRs ist es nicht immer einfach, sich neben der Forschung für Wissenschaftskommunikation oder Politikberatung einzusetzen. Eine Lösung wäre, solche Aktivitäten schon in Forschungsanträge zu integrieren, sodass es von Anfang an Teil des wissenschaftlichen Werdegangs ist. Insgesamt war es eine großartige Erfahrung, die ich jederzeit wieder machen würde. Das EMB-Sekretariat war unglaublich unterstützend, und ich kann so ein Engagement allen empfehlen, die sich für Wissenschaftspolitik interessieren.

Im Februar haben wir den International Day of Women and Girls in Science gefeiert. Wie findest Du es, dass es einen speziellen Tag für Frauen und Mädchen in der Wissenschaft gibt?

Alex: Eigentlich sollte es nicht nötig sein, weil das Geschlecht in der Karriere keine Rolle spielen sollte. Aber da es das tut, ist es wichtig und richtig, auf diese Ungleichheiten aufmerksam zu machen. 

Was würdest du jungen Mädchen raten, die Forscherinnen werden wollen?

Alex: Lasst euch nicht entmutigen, und sucht euch Frauen in der Wissenschaft, die euch inspirieren. Viele Wissenschaftlerinnen helfen gern weiter – also einfach nachfragen!

 

Hintergrund: European Marine Board (EMB)

Das European Marine Board (EMB) ist ein Think Tank mit 38 Mitgliedsorganisationen aus 19 europäischen Ländern. Auch das Ƶ ist Teil dieses Netzwerks. Ziel des EMB ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger:innen zugänglich zu machen – etwa durch Policy Briefs oder Berichte zu aktuellen Themen der Meereswissenschaften. 

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Aktuelles 2025 Karriere gender-equality-diversity Presse 2025 2025 Top_Slider
news-9802 Tue, 01 Apr 2025 12:00:00 +0200 Leinen los für die dritte „schwimmende Universität“ /news/article/leinen-los-fuer-die-dritte-schwimmende-universitaet 01.04.2025/Kiel/Mindelo. Vom subtropischen Mindelo auf den Kapverden sticht heute das deutsche Forschungsschiff POLARSTERN zu einer besonderen Expedition in See. Mit an Bord sind 13 Masterstudierende aus Westafrika, die während der zweiwöchigen Überfahrt nach Bremerhaven Meeresforschung hautnah erleben. Unterstützt werden sie dabei von erfahrenen Wissenschaftler:innen verschiedener Fachrichtungen. „Floating University“ heißt das Projekt, das bereits zum dritten Mal unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel stattfindet und als Teil der UN-Ozeandekade zur Förderung der nachhaltigen Nutzung und Erforschung des Ozeans beiträgt. Gefördert wird die „schwimmende Universität“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des WASCAL-Programms (West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use). Wie kommen Forschende an Wasserproben aus hunderten oder tausenden Meter Tiefe? Wie können die winzigen Organismen untersucht werden, die die Grundlage der Nahrungsnetze im Meer bilden? Und wie beeinflussen ѱٰöܲԲ diese Ökosysteme? Diese Fragen können 13 Masterstudierende aus dem WASCAL-Programm bald ganz praktisch beantworten. Sie gehen für zwei Wochen auf Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff POLARSTERN, das vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung betrieben wird.

„Floating University“ – „schwimmende Universität“ heißt das Projekt, das den schiffspraktischen Teil des Masterstudiengangs „Klimawandel und Meereswissenschaften“ („Climate Change and Marine Sciences“) an der kapverdischen Universidade Técnica do Atlântico (UTA) bildet. Für die Ausbildungsfahrt PS 147/2 wird ein Transit des Schiffes von Mindelo, Cabo Verde, nach Bremerhaven in Deutschland genutzt.

„Die Floating University ist weit mehr als nur eine Ausbildungsfahrt auf See. Sie ist eine intensive Lernerfahrung für alle, die an der Fahrt teilnehmen. Das haben die beiden vorigen Expeditionen gezeigt“, sagt Dr. Björn Fiedler, Meereschemiker am Ƶ und wissenschaftlicher Fahrtleiter der Expedition. „Die Studierenden arbeiten mit modernster Meeresmesstechnik, sammeln und analysieren Daten und erleben hautnah, wie ein internationales Forschungsteam zusammenarbeitet. Diese Erfahrung ist von unschätzbarem Wert für eine wissenschaftliche Karriere in der Ozean- und Klimaforschung.“

Forschung und Lehre auf hoher See

Während der Reise sammeln die Studierenden wertvolle Daten für die internationale Meeresforschung und gleichzeitig auch für ihre eigenen Masterarbeiten. Unterstützt werden sie dabei von einem internationalen Team erfahrener Wissenschaftler:innen aus verschiedenen Fachbereichen. Darunter auch Dr. Corrine Almeida, Professorin für biologische Ozeanographie an der UTA, die den WASCAL-Masterstudiengang als Direktorin leitet: „Nach den vielen Vorlesungen im Hörsaal und Arbeiten im Labor an Land können unsere Studierenden nun endlich selbst praktisch auf See arbeiten. Sie lernen den Umgang mit technischen Geräten und Proben sowie mit den daraus resultierenden Ozeandaten. Diese Erfahrungen sind eine wichtige Voraussetzung für spätere Aufgaben in Forschung, Industrie oder Politik in ihren jeweiligen Heimatländern.“

Die Studierenden nutzen beispielsweise hydroakustische Systeme, um mit Hilfe von Schall ein detailliertes Bild der Verteilung von Fischen im Meer zu erhalten. Mit Netzen werden Kleinlebewesen gefangen und analysiert. Gleichzeitig messen Sensoren an Bord rund um die Uhr den Kohlendioxid- und Sauerstoffgehalt des Wassers. Diese Daten sind nicht nur wichtig, um zu verstehen, wie der Ozean als Klimapuffer funktioniert, sondern auch, welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Ökosystem Meer hat.

Mithilfe des PAMOS-Messgerätes wird die Luftzusammensetzung analysiert, und die Studierenden können verfolgen, wie sich Aerosole und Spurengase entlang der Route verändern – ein sichtbarer Beleg für den Einfluss von Industrie, Schifffahrt und natürlichen Quellen wie Saharastaub.

Ein Höhepunkt ist der Stopp an zwei wichtigen Langzeit-Messstationen im Ozean: dem Cabo Verde Ocean Observatory (CVOO) und der European Time Series Oceanographic Station of the Canary Islands (ESTOC) nahe den Kanarischen Inseln. Hier helfen die Studierenden, physikalische, biogeochemische und biologische Daten zu sammeln, um die langfristigen Veränderungen im Ozean zu dokumentieren. Während der Reise werden sie auch einen Argo-Tiefendrifter aussetzen – ein autonomes Messgerät, das jahrelang Temperatur-, Salzgehalts- und Strömungsdaten aus großen Tiefen liefert. Selbst lange nach der Expedition können sie so online nachverfolgen, welche Daten „ihr“ Drifter noch sendet.

Die eigene Forschung verständlich erklären

Die Studierenden lernen während der Fahrt auch, ihre Ergebnisse nicht nur für die Fachwelt, sondern auch für ein breiteres Publikum verständlich aufzubereiten. Und da sie das schon an Bord tun, können Interessierte die Expedition aus der Ferne mitverfolgen.

Neben der theoretischen und praktischen Arbeit ist Zeit für den Austausch eingeplant, für Gespräche über Karrierewege, die Masterarbeiten und Heimatländer der Studierenden.

„Die Floating University gehört für Viele zu den eindrücklichsten und unvergesslichen Erfahrungen ihres Studiums“, weiß Fiedler, „auf See werden die vom Menschen verursachten Probleme im Ozean sichtbar und begreifbar.“ Eine Erfahrung, die die angehenden westafrikanischen Meeres- und Klimawissenschaftler:innen mitnehmen, wenn sie sich künftig den drängenden Fragen des Klimawandels und des Meeresschutzes stellen.

 

Expedition auf einen Blick:

Name: PS147/2 (WASCAL III) „Floating University“

Dauer: 01.04.2025 - 14.04.2025

Fahrtleitung: Dr. Björn Fiedler

Start: Mindelo (Cabo Verde)

Ziel: Bremerhaven

 

Hintergrund:

Beteiligte Institutionen

Neben Teilnehmenden von Ƶ und UTA sind Wissenschaftler:innen des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), des Thünen-Instituts für Fischereiökologie, des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven, der Syddansk Universitet (SDU) im dänischen Odense und des Centre de Recherche Océanographique de Dakar Thiaroye (CRODT-ISRA) aus Senegal dabei. Außer den WASCAL-Studierenden nimmt außerdem eine Masterstudierende im Fach Seerecht von der Universität Utrecht sowie ein Schüler vom Johannes-Althusius-Gymnasium in Emden teil.

Insgesamt sind Teilnehmer:innen aus 15 Nationen mit fünf verschiedenen Muttersprachen vertreten.

Seminar in Kiel

Nach Abschluss der Fahrt geht es vom 14.-16. April für die Studierenden zu einem zweitägigen Nachbereitungsseminar nach Kiel ans Ƶ. Dort treffen sie weitere Nachwuchswissen­schaftler:innen des Programms „Foster Young Ocean Researcher Development“ (FYORD), dem Nachwuchsförderprogramm von Kiel Marine Science an der Christian-Albrechts-Universität Kiel (CAU) und des Ƶ, das insbesondere auch die Zusammenarbeit mit internationalen Studierenden aus den  Meereswissenschaften fördert.

WASCAL

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte WASCAL-Programm („West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Land Use“) stärkt die Forschungsinfrastruktur und akademische Ausbildung zu Klimawandel und dessen Auswirkungen in Westafrika. Der zweijährige Masterstudiengang „Klimawandel und Meereswissenschaften“, der von der Universidade Técnica do Atlântico (UTA) in Mindelo koordiniert und vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel eng begleitet wird, vermittelt Studierenden wissenschaftliche Kompetenzen für Forschung, Umweltmanagement und Industrie. Seit 2021 ist das Programm Teil der internationalen „UN-Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung“.

Das WASCAL-Alumni-Netzwerk sowie die „Floating University“ leisten auch einen Beitrag zum internationalen Großprojekt FUTURO, das derzeit vom Ƶ vorbereitet wird. FUTURO verfolgt das Ziel, ein nachhaltiges Management des westafrikanischen Meeresökosystems zu entwickeln.

Forschung auf Cabo Verde

Die Kapverdischen Inseln, rund 600 Kilometer vor der senegalesischen Küste gelegen, bilden seit 1981 einen eigenen Staat: die Republik Cabo Verde. Die Region bietet ein einzigartiges Spektrum an wissenschaftlich aktuellen und hoch relevanten Forschungsthemen, bei denen der Ozean meist eine entscheidende Rolle spielt. Gemeinsam mit nationalen und internationalen Partnern forscht das Ƶ seit mehr als 20 Jahren in Cabo Verde und will die Zusammenarbeit in der Region auch in Zukunft weiter ausbauen. Im Jahr 2017 wurde das Ocean Science Centre Mindelo (OSCM), ein regionaler Wissenschafts- und Bildungsstandort, für die internationale Wissenschaftsgemeinschaft eröffnet. Das OSCM wird zu gleichen Teilen vom Ƶ und dem kapverdischen Instituto do Mar (IMar) betrieben.

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Aktuelles 2025 Campus Presse 2025 Top_Slider Cabo Verde Projekte
news-9804 Thu, 27 Mar 2025 14:10:45 +0100 Neuer Schub für ökosystembasiertes Fischereimanagement /news/article/neuer-schub-fuer-oekosystembasiertes-fischereimanagement 28.03.2025/Kiel. Das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) haben eine Kooperationsvereinbarung „AWZFISCH“ unterzeichnet. Damit wird die seit 15 Jahren bestehende Zusammenarbeit beider Institutionen zu einer langfristigen strategischen Partnerschaft ausgebaut. In den kommenden fünf Jahren werden beide Institutionen ihre Kräfte bündeln, um gemeinsam an der Zukunft der Fischbestände im Klimawandel, der nachhaltigen Umsetzung von Fangquoten und der Regulierung von Fischerei in Meeresschutzgebieten zu arbeiten. Die Meere stehen unter Druck, sie leiden unter den Auswirkungen menschlicher Aktivitäten wie der kommerziellen Fischerei, dem Klimawandel und anderen Stressfaktoren wie Eutrophierung und Sauerstoffmangel. Diese Faktoren haben Fischbestände und die Schweinswal-Population (Phocoena phocoena) in der Ostsee an den Rand des Zusammenbruchs gebracht. Diesen Herausforderungen wollen sich das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) im Rahmen des Kooperationsvertrages „AWZFISCH“ (Ökosystembasiertes Fischereimanagement in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone) widmen. Das BfN stellt dem Ƶ für die Forschung im Rahmen der Kooperation 2,4 Millionen Euro über die Laufzeit von 5 Jahren zur Verfügung. AWZ steht für „Ausschließliche Wirtschaftszone“ und bezeichnet das Gebiet außerhalb der Hoheitsgewässer bis zu einer Entfernung von 200 Seemeilen vom Festland – der Zuständigkeitsbereich des BfN und das Untersuchungsgebiet der Kooperation.

Förderung von europäischen Lösungen

„Ich hoffe, dass dieses Projekt endlich zu einer europäischen Herangehensweise führt, um die dramatische Überfischung in unseren Meeren zu stoppen“, so Professorin Dr. Katja Matthes, Direktorin des Ƶ. „Vorangegangene Projektphasen von AWZFISCH haben bereits international beachtete Publikationen hervorgebracht. Ich freue mich, dass wir die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz nun weiter stärken“.

Die Kooperation trägt dazu bei, international verpflichtende Ziele zum Schutz der biologischen Vielfalt des Meeres und des Klimas zu erreichen. Die regional entwickelten Lösungen für ein ökosystemgerechtes Fischereimanagement sollen anschließend auch auf nationaler sowie auf EU-Ebene und in internationale Projekte eingebracht werden.

Verbesserung von ökosystembasiertem Fischereimanagement

„Große, gesunde Fischbestände und ein nachhaltiges, ökosystemgerechtes Fischereimanagement sind grundlegende Bestimmungen der gemeinsamen Fischereipolitik der EU und damit auch Deutschlands. Diese Bestimmungen sind aber bisher nicht umgesetzt worden“, sagt Dr. Rainer Froese, Meeresökologe und Fischereiwissenschaftler am Ƶ. Froese war maßgeblich an der Entwicklung des neuen Kooperationsvertrags beteiligt. Professor Thorsten Reusch, Projektleiter, ergänzt: "Mit der neuen Vereinbarung wollen wir vor allem die Basis für ökosystembasiertes Management der Fischerei in den deutschen Meeresgebieten schaffen, insbesondere in und um die bestehenden Schutzgebiete.“

Beim ökosystembasierten Fischereimanagement wird die Meeresumwelt im Gesamtkontext betrachtet. So wird nicht nur der Zustand einzelner Fischbestände bewertet, sondern die Wechselwirkung zwischen Arten, ihren Lebensräumen und Umweltfaktoren wie dem Klimawandel und der Wasserqualität. Die Einhaltung der Empfehlungen könnte die Bestände kommerziell relevanter Fischarten und Populationen geschützter Arten, wie die der gefährdeten Schweinswale, wiederherstellen.

Hintergrund: Projekt „AWZFISCH“

Das Projekt „Ökosystembasiertes Fischereimanagement in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone“ (AWZFISCH) wird durch eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Ƶ und dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) gefördert. Im Rahmen dieser Kooperationsvereinbarung erhält das Ƶ vom BfN für fünf Jahre (bis Januar 2030) Mittel in Höhe von 2,4 Millionen Euro.

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news-9799 Tue, 25 Mar 2025 12:53:08 +0100 Ozeanwirbel als „Foodtrucks“ der Meere /news/article/ozeanwirbel-als-foodtrucks-der-meere 25.03.2025/Kiel. Wie gelangt organische Materie von den produktiven Küstengebieten aufs offene Meer? Eine wichtige Rolle dabei spielen Ozeanwirbel, wie Forschende des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen jetzt zeigen konnten. Die wirbelförmigen Strömungen enthalten große Mengen energiereicher und lebensnotwendiger Fettmoleküle (essenzielle Lipide) und spielen damit eine zentrale Rolle für die Nahrungsketten im Meer und den Kohlenstoffkreislauf. Die Studie ist jetzt in Communications Earth and Environment veröffentlicht worden. Kleinräumige Wirbelbewegungen im Ozean mit einem Durchmesser von etwa 100 Kilometern werden als „mesoskalige Wirbel“ bezeichnet. Sie sind allgegenwärtig im globalen Ozean und spielen eine entscheidende Rolle für die Meeresökosysteme. Insbesondere Wirbel, die sich in den biologisch produktiven küstennahen Auftriebsgebieten bilden, stellen ein wichtiges Transportmittel für Kohlenstoff und Nährstoffe dar: Sie schließen Wassermassen ein und wandern in den offenen Ozean, wo die Produktivität vergleichsweise gering ist. Somit haben sie einen erheblichen Einfluss auf den Nährstoff- und Kohlenstoffkreislauf im Ozean.

Es ist ein langjähriges Ziel von Meeresforscher:innen im Detail zu verstehen, wie das Küstenwasser transportiert wird und die Produktivität im offenen Ozean beeinflusst, vor allem da sich die Wirbelaktivität durch den Klimawandel vermutlich stark verändern wird.

Bisher war zwar bekannt, dass Ozeanwirbel große Mengen an organischem Kohlenstoff und Nährstoffen transportieren, doch deren genaue Zusammensetzung und Nahrungsqualität für Zooplankton und Fische blieben weitgehend unerforscht. Mithilfe hochauflösender Massenspektrometrie konnte nun ein Forschungsteam vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und vom MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen das Lipidom – die Gesamtheit der Fettmoleküle – in und um einen rotierenden Wirbel bestimmen. Ihre Ergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift Communications Earth and Environment veröffentlicht worden.

Hochmoderne Analytik enthüllt Lipidvielfalt in Wirbeln

„Diese Wirbel sind quasi die Foodtrucks des Ozeans“, sagt Dr. Kevin Becker, Geochemiker am Ƶ und Erstautor der Studie, „sie transportieren Nährstoffe von den hochproduktiven Auftriebsgebieten vor der Küste in den offenen Ozean, geben sie dort ab und beeinflussen mutmaßlich die biologische Produktivität.“

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschaftler:innen Proben, die für das am Ƶ koordinierte Projektes REEBUS (Role of Eddies in the Carbon Pump of Eastern Boundary Upwelling Systems) während der Meteor Expedition M156 vor der Küste Mauretaniens (Westafrika) genommen wurden. Dabei konnten fast 1000 verschiedene Lipide identifiziert werden. Lipide können bis zu 20 Prozent des Kohlenstoffs in Phytoplankton ausmachen. Sie sind essenzielle Bestandteile von Zellen und erfüllen als Energiespeicher, Membranbausteine, Signalmoleküle und Elektronentransporter zentrale biologische Funktionen.

Kevin Becker: „Lipide enthalten auch so genannte chemotaxonomische Informationen, die Rückschlüsse auf die Zusammensetzung mikrobieller Gemeinschaften erlauben. Sie verraten uns also über die Chemie, ob sie von Phytoplankton-, Bakterien- und Archaeenarten stammen.“

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Lipidsignatur innerhalb des Wirbels deutlich vom Umgebungswasser unterscheidet, also  eine spezifische Mikrobengemeinschaft beherbergt. Besonders angereichert waren energiereiche Speicherlipide sowie lebensnotwendige Fettmoleküle (essenzielle Fettsäuren) – Nährstoffe, die von höheren Meeresorganismen wie Zooplankton und Fischen nicht selbst hergestellt werden können und daher über die Nahrung aufgenommen werden müssen.

Hochrechnungen zeigen, dass Küstenwirbel in der Auftriebsregion vor Mauretanien jährlich bis zu 9,7 ± 2,0 Gigagramm (rund 10.000 Tonnen) leicht abbaubaren organischen Kohlenstoffs (labiler Kohlenstoff) in den offenen Ozean transportieren. „Unsere Studie verdeutlicht die zentrale Rolle mesoskaliger Wirbel für den Kohlenstoffkreislauf auf lokaler Ebene und schafft eine Basis für zukünftige Untersuchungen ihrer Bedeutung im globalen Kontext“, sagt Prof. Dr. Anja Engel, Leiterin der Studie und des Forschungsbereichs Marine Biogeochemie am Ƶ .

 

Publikation:

Becker, K.W., Devresse, Q., Prieto-Mollar, X. Hinrichs, K. U., & Engel, A. Mixed-layer lipidomes suggest offshore transport of energy-rich and essential lipids by cyclonic eddies. Commun Earth Environ 6, 179 (2025).

 

 

Hintergrund: REEBUS

Das Forschungsprojekt REEBUS (Role of Eddies in the Carbon Pump of Eastern Boundary Upwelling Systems) wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF Förderkennzeichen 03F0815A) gefördert und am Ƶ koordiniert. Das Ziel des Arbeitspakets 4 unter der Leitung von Prof. Dr. Anja Engel war es, die oberflächennahe Dynamik des organischen Kohlenstoffs im Küstenauftrieb sowie die Rolle von Eddies beim Transport in den angrenzenden offenen Ozean zu verstehen.

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news-9797 Mon, 24 Mar 2025 10:03:04 +0100 Tiefseebiologie vor den Kapverdischen Inseln /news/article/deep-sea-biology-of-the-cape-verde-islands 24.03.2025/Kiel/Mindelo. Dieses Wochenende ist die Expedition M209 „BASIS“ unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel gestartet. Ein internationales Team untersucht mit dem Forschungsschiff METEOR die weitgehend unerforschte Tiefsee vor den Kapverdischen Inseln. Dafür wird der Meeresboden an Inseln und Unterwasserbergen, sogenannten Seamounts, kartiert sowie die Lebensgemeinschaften und Nahrungsnetze beobachtet, dokumentiert und beprobt – von der Wassersäule bis zum Meeresboden. Dabei kommt auch der Ƶ-Unterwasserroboter ROV KIEL 6000 zum Einsatz, der bis zu 6.000 Meter tief tauchen kann. Der küstennahe Ozean vor den Kapverden besteht zu mehr als 90 Prozent aus Tiefsee (Gewässer, die tiefer als 200 Meter sind) und ist noch weitgehend unerforscht. Ein internationales Forschungsteam ist nun mit dem Forschungsschiff METEOR aufgebrochen, um die biologische Vielfalt, Nahrungsnetze und die Interaktion von Lebewesen in der Wassersäule (mesopelagische Zone), auf dem Meeresboden (benthische Zone) und über dem Meeresboden (benthopleagische Zone) zu untersuchen. „Die Bedingungen vor Santa Antao und den anderen kapverdischen Inseln sind einzigartig. Wir können küstennah arbeiten, profitieren aber trotzdem von den geschützten Bedingungen und können in Tiefsee-Lebensräumen arbeiten, die im offenen Ozean normalerweise schwer zugänglich sind“, erklärt Fahrtleiter und Meeresbiologe Dr. Henk-Jan Hoving vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Die Expedition ist Teil einer Forschungsreihe, die sich auf In-situ-Beobachtung von Tiefseeorganismen rund um die makaronesischen Inseln konzentriert.

Kapverdische Forschende an Bord

An der Expedition nehmen auch drei kapverdische Wissenschaftler:innen mit unterschiedlichen Forschungsschwerpunkten teil: Rui Freitas, Fischexperte mit Interesse an Korallenriffen von der kapverdischen Universidade Técnica de Atlantico (UTA) und Keider Neves, Spezialist für Krustentiere, der zum Ziel hat, neue kapverdische Arten zu beschreiben. Ebenfalls an Bord ist Vanessa Lopes, die während der Expedition Wale und Seevögel untersucht und sich mit der Bewertung des wissenschaftlichen Bedarfs kleiner Inselentwicklungsstaaten beschäftigt. „Die Expedition M209 unterstützt die Datenerfassung und das Lernen über die biologische Vielfalt der Tiefsee in verschiedenen Regionen von Cabo Verde, von denen einige für ein Meeresschutzgebiet vorgeschlagen sind. Darüber hinaus wird der Wissensaustausch und die Weitergabe von Kenntnissen an junge Biologen und Biologinnen aus Cabo Verde unterstützt, die hoffen, die Tiefsee in ihrer Heimat weiter erforschen zu können“, sagt Vanessa Lopes, die an der Universität von Edinburgh promoviert.

Derzeit stehen nur etwa 7,7 Prozent der Gesamtfläche der Ozeane unter Schutz. Cabo Verde ist als Hotspot biologischer Vielfalt bekannt. Ziel von Meeresschutzgebieten ist es, natürliche Lebensräume, eine nachhaltige Bewirtschaftung und die biologische Vielfalt zu erhalten. Mit der Erhebung grundlegender biologischer Daten will das Forschungsteam Informationen sammeln, die von den kapverdischen Wissenschaftler:innen an Bord und ihren Organisationen eingeholt werden und zur Gestaltung und zum Vorschlag von Meeresschutzgebieten in den Gewässern von Cabo Verde beitragen können.

Weite Teile des kapverdischen Archipels noch nicht kartiert

Ein wichtiges Ziel der Expedition ist die Kartierung des Meeresbodens rund um die Inseln und der Unterwasserberge. „In vielen Regionen von Cabo Verde wissen wir immer noch nicht, wie tief der Meeresboden tatsächlich ist und wie die Morphologie des Meeresbodens aussieht“, sagt Mareike Keller, Co-Fahrtleiterin und Teil der Deep Sea Monitoring Gruppe am Ƶ. Dieses Grundwissen spielt eine wichtige Rolle für den Schiffsverkehr in Cabo Verde, aber auch für künftige Kampagnen, die Instrumente auf dem Meeresboden einsetzen wollen. Ein Beispiel ist die bevorstehende internationale Beobachtungskampagne FUTURO (Future West African Marine Ecosystems), die von 2028 bis 2030 vor der westafrikanischen Küste durchgeführt werden soll.

Parallel zur M209-Expedition verbringt auch das Forschungsschiff OceanXplorer einige Tage vor den Kapverdischen Inseln. Der Aufenthalt ist Teil der 2,5-monatigen „Around Africa Expedition“ mit afrikanischen Wissenschaftler:innen. Eine gemeinsame Anstrengung von zwei gemeinnützigen Organisationen zur Erforschung der Ozeane – OceanX und dem neu gegründeten OceanQuest. Während ihres gemeinsamen Aufenthalts vor der Küste und am Unterwasserberg Nola (Seamount Nola) werden die Wissenschaftler an Bord der METEOR und der OceanXplorer gemeinsame Messungen durchführen und in direktem Kontakt stehen. Ein solcher gemeinsamer wissenschaftlicher Einsatz mit einer Vielzahl von ozeanographischen Instrumenten ist auch für die Forschungskampagne FUTURO vorgesehen.

Fragile und schwer zu erforschende Lebewesen

Tief unter der Oberfläche, in der Mitte der Wassersäule, lebt eine große Vielfalt von Organismen – darunter Quallen, Krebstiere, Laternenfische und Kopffüßer. Diese Gemeinschaft ist die Nahrung für viele kommerziell genutzte Fische wie Thunfisch. Jedoch ist weitgehend unbekannt, wovon sie sich ernähren. Einige verzehren möglicherweise totes Material (Meeresschnee), das aus der darüber liegenden Wassersäule herabsinkt, andere wiederum fressen lebende Beute. Um das Nahrungsnetz zu untersuchen, wollen die Forschenden gelatinöses Plankton, z. B. Quallen, sammeln, um herauszufinden, welche Rolle diese durchsichtigen und empfindlichen Organismen im Nahrungsnetz spielen. Um die empfindlichen Tiere zu sammeln und zu untersuchen, setzen sie eine Kombination verschiedener Methoden ein. Da es fast unmöglich ist, gelatinöses Plankton mit Netzen zu fangen und unversehrt an Bord zu bringen, wird der ferngesteuerte Unterwasserroboter ROV KIEL 6000 eingesetzt, um lebende Tiefseeorganismen zu fangen. Die Tiere werden später im Labor fotografiert und die Proben für Studien zum Nahrungsnetz verwendet. Außerdem werden Schleppkameras mit akustischen Sensoren eingesetzt, um die Verteilung und Biomasse in der Wassersäule zu untersuchen. Schließlich wird das Wasser aus verschiedenen Tiefen gefiltert, um die von den Tieren zurückgelassene Umwelt-DNA zu erfassen. Dadurch lassen sich Tiere aufspüren, die Forschungsinstrumente meiden. 

Wo zwei Welten aufeinandertreffen

Ein weiteres Ziel der Expedition M209 ist es, die Interaktion zwischen Tieren in der Wassersäule und dem Meeresboden zu erforschen. „An einigen Stellen rund um die Inseln und Seeberge prallen möglicherweise zwei Welten aufeinander. Wir erwarten, dass Meeresorganismen in der Mitte der Wassersäule von 400-500 Metern in einigen Regionen auch nahe dem Meeresboden vorkommen“, sagt Hoving. Viele Organismen führen zudem vertikale Migrationen durch und wandern nachts von der Tiefe nach oben, um von der Nahrung im flacheren Wasser zu profitieren. Henk-Jan Hoving: „Diese Organismen können während ihrer anschließenden Abwärtswanderung mit dem Meeresboden in Berührung kommen und so zur Nahrung für Organismen am Meeresboden werden. Mit Blick auf die steilen Inselhänge und Unterwasserberge können diese Wechselwirkungen besonders intensiv sein.“

 

Hintergrund: Forschung auf den Kapverden

Die Kapverdischen Inseln liegen rund 600 Kilometer vor der Küste des Senegals und bieten eine einzigartige Bandbreite von wissenschaftlich aktuellen und hoch­relevanten Forschungs­themen, bei denen der Ozean meist eine entscheidende Rolle spielt. Das Ƶ forscht dort 20 Jahren zusammen mit regionalen und internationalen Partnern, seit 2017 betreibt es gemeinsam mit dem Instituto do Mar (IMar) in Mindelo das Ocean Science Centre Mindelo (OSCM), das mit seiner Infrastruktur der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung steht. Ein wichtiger Bestandteil ist zudem das WASCAL-Programm für westafrikanische Masterstudierende, das vom Ƶ unterstützt und seit 2019 aufgebaut wird. WASCAL steht für West African Science Service Centre on Climate Change and Adapted Lande Use. Der Studiengang umfasst neben den Lehrveranstaltungen und praktischen Kursen auch eine zweiwöchige, seegehende Ausbildungskomponente „Floating University“, die am Ƶ koordiniert wird. Die nächste Floating-University startet am 1. April (PS147-2) in Mindelo.

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Die Expedition wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Expedition auf einen Blick: 

Name: METEOR-Expedition M209 „BASIS“ (Benthic and pelagic biodiversity, ecology and habitat mapping in Cabo Verde deep seas, Benthische und pelagische Artenvielfalt, Ökologie und Habitatkartierung in der Tiefsee von Cabo Verde)

Fahrtleitung: Dr. Henk-Jan T. Hoving

Zeitraum: 21.03.2025 – 23.4.2025

Start: Mindelo, Kap Verde 

Ende: Ponta Delgada, Azoren

Fahrtgebiet: Tropischer Atlantik

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news-9793 Fri, 21 Mar 2025 18:00:00 +0100 Junge Forscherinnen für herausragende Abschlussarbeiten geehrt /news/article/junge-forscherinnen-fuer-herausragende-abschlussarbeiten-geehrt 21.03.2025/Kiel. Drei Nachwuchswissenschaftlerinnen des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben heute den Wissenschaftspreis der Annette Barthelt-Stiftung für ihre herausragenden Abschlussarbeiten erhalten. Mit dem Preis gedenkt die Stiftung jedes Jahr vier Kieler Wissenschaftler:innen, die am 18. März 1987 bei einem Terroranschlag in Dschibuti, Afrika, ums Leben kamen. Die Auszeichnung ist mit einem Forschungsstipendium in Höhe von je 2000 Euro verbunden. Zum 38. Mal wird in diesem Jahr am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel der Annette-Barthelt-Preis verliehen – eine Auszeichnung, mit der an die Opfer eines Terroranschlags am 18. März 1987 in der afrikanischen Hafenstadt Dschibuti erinnert wird: Vier junge Kieler Forschende – Annette Barthelt, Daniel Reinschmidt, Marco Buchalla und Hans-Wilhelm Halbeisen – waren nach Afrika gereist, um an einer Expedition mit dem Forschungsschiff METEOR im Indischen Ozean teilzunehmen. Sie hielten sich auf der Terrasse eines Lokals auf, als dort eine Bombe explodierte. Die Hinterbliebenen gründeten 1988 die Annette Barthelt-Stiftung, die mit ihrem Preis jährlich herausragende Leistungen von Nachwuchswissenschaftler:innen in der Meeresforschung würdigt.

„Die Arbeiten der Preisträgerinnen zu physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen zeigen, wie vielseitig die Meeresforschung am Ƶ ist. Sie tragen maßgeblich dazu bei, unser Verständnis des Ozeans zu erweitern. Wir sind stolz darauf, dieses Jahr erstmals drei Wissenschaftlerinnen zu würdigen, die ihre Arbeiten hier am Forschungszentrum angefertigt haben“, sagte Professorin Dr. Katja Matthes, Direktorin des Ƶ.

„Die Preisträger:innen des diesjährigen Annette-Barthelt-Preises sind hervorragende Beispiele für das Potenzial der nächsten Generation von Meeresforscherinnen“, sagte Professor Dr. Arne Körtzinger, 1. Vorsitzender der Annette Barthelt-Stiftung bei der Preisverleihung. „Ihre Arbeiten bieten tiefe Einblicke in die komplexen Wechselwirkungen zwischen Ozean, Klima und biologischen Prozessen. Es ist eine Freude, ihre Leistungen zu honorieren und ihre Forschung zu fördern.“

Die Annette-Barthelt-Preisträgerinnen 2025:

Dr. Mareike Körner schloss ihre Dissertation mit dem Titel „Physical drivers of seasonal variability in the tropical Angolan upwelling system“ im März 2024 in der Physikalischen Ozeanographie ab. Sie wurde betreut von Prof. Dr. Peter Brandt und Prof. Dr. Stefan Juricke. Mareike Körner beschäftigte sich mit der Ozeandynamik im Auftriebsgebiet vor der Küste Angolas im tropischen Südatlantik. Ihre Arbeit liefert wertvolle Erkenntnisse zu Strömungsverhältnissen, Temperatur, Nährstoffen und turbulenter Vermischung, die für die Verbesserung von Vorhersagen der biologischen Produktivität in dieser für die Region wirtschaftlich wichtigen Zone von Bedeutung sind. Derzeit arbeitet sie als Postdoc an der Oregon State University in den USA.

Dr. Vanessa Stenvers promovierte im Dezember 2024 in der Marinen Ökologie mit ihrer Arbeit „Midwater invertebrates in the deep ocean: Adaptations, interactions and impacts of stressors“. Die Dissertation wurde von Dr. Henk-Jan Hoving, Dr. Karen Osborn und Dr. Helena Hauss betreut. Vanessa Stenvers untersuchte die Anpassungen und Interaktionen von gelatinösen Organismen und Amphipoden (Flohkrebsen) in der Tiefsee. Dabei konnte sie die Auswirkungen der globalen Erwärmung und des Tiefseebergbaus auf diese Organismen nachweisen. Sie arbeitet aktuell als Postdoc am Ƶ.

Juliane Katharina Tammen wurde für ihre Masterarbeit „Mapping Nutrient Regimes through the South Pacific via Assessment of Phytoplankton Photophysiology“ prämiert, die sie im März 2023 im Bereich Biogeochemie erstellte. Sie wurde von Prof. Dr. Eric Achterberg und Dr. Thomas Browning betreut. In ihrer Arbeit beschäftigte sie sich mit den Auswirkungen von Nährstofflimitation auf die Photophysiologie von Phytoplankton im subtropischen Südpazifik. Durch die Analyse von aktiver Fluoreszenz der Phytoplanktonorganismen konnte sie Rückschlüsse auf Stickstoff- und Eisenlimitationen ziehen. Juliane Tammen ist derzeit als Doktorandin am Ƶ tätig.

 

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Die Auszeichnung mit dem Annette-Barthelt-Preis ist mit einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Forschungsstipendium in Höhe von 6000 Euro verbunden, das in diesem Jahr auf die drei Preisträgerinnen aufgeteilt wurde.

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news-9795 Fri, 21 Mar 2025 12:41:12 +0100 Schlüssel zum Umgang mit Munitionsaltlasten in der Ostsee /news/article/schluessel-zum-umgang-mit-munitionsaltlasten-in-der-ostsee 21.03.2025/Kiel. Dass die Ostsee mit Munitionsrückständen aus vergangenen Kriegen belastet ist, ist bekannt. Doch wo genau welche Kampfmittel liegen und in welchem Zustand sie nach Jahrzehnten im Wasser sind – dazu gibt es noch viele Fragen. Drei große Projekte auf nationaler, baltischer und europäischer Ebene haben aktuell zum Ziel, vorhandenes Wissen zusammenzutragen und Technologien zu entwickeln, um Altmunition unter Wasser sicher zu identifizieren. Das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel beteiligt sich daran unter anderem mit drei Ostsee-Expeditionen. Die erste Fahrt ist jetzt gestartet: Mit dem Forschungsschiff ALKOR werden in deutschen und dänischen Gewässern modernste Kartierungs- und Analysetechniken erprobt und weiterentwickelt. Besondere Schwerpunkte sind Seegebiete am Ausgang der Flensburger Förde/Kleiner Belt, westlich von Bornholm und die Lübecker Bucht. Heute gehen sie alle ins Wasser: ALBERT, TIFFY und KÄPT’N BLAUBÄR. Die zwei autonomen Unterwasserdrohnen und der kleine blaue ferngesteuerte Roboter des Ƶ werden auf Erkundungsfahrt in die Gewässer südwestlich von Bornholm geschickt. Nicht ganz einfach bei reichlich Wind. Der weht eigentlich immer rund um die Insel mitten in der Ostsee zwischen Schweden, Dänemark, Polen und Deutschland, weshalb Bornholm auch zu einem Windenergiezentrum ausgebaut werden soll. Für die geplanten Offshore-Windparks laufen derzeit die Umweltverträglichkeitsprüfungen. Eine wichtige Frage: Welche Rolle spielt marine Munition dabei und zwar insbesondere das Vorkommen von chemischer Munition? Welche Messungen, welche Daten braucht es, um Risiken abzuschätzen und Entscheidungen zu treffen?

MUNI-RISK: Die richtigen Fragen stellen

Die Entwicklung entsprechender Leitlinien ist eine der Aufgaben in dem Projekt MUNI-RISK (Mitigation of Risks Due to Submerged Munitions for a Sustainable Development of the Baltic Sea, Minderung der Risiken durch versenkte Munition für eine nachhaltige Entwicklung der Ostsee). Seit Ende vergangenen Jahres arbeiten Fachleute verschiedener Forschungsrichtungen in dem EU-Projekt unter Leitung der Universität Aarhus daran, konkrete Werkzeuge und Leitlinien zu entwickeln, mit denen die Anrainerstaaten Munitionsrisiken besser bewerten können.

Dafür kooperiert das Projekt mit örtlichen Behörden, Umweltagenturen und Fachleuten aus Wirtschaft und Industrie. So auch auf Bornholm, wo sich am Dienstag [18.03.2025] lokale Stakeholder auf der ALKOR zum Gespräch mit den Wissenschaftlern trafen. „Wir wollen wissen, was die Menschen im Hinblick auf Munition im Meer beschäftigt. Welche Fragen muss die Wissenschaft aus ihrer Sicht beantworten?“, erklärt Projektleiter Dr. Hans Sanderson, Experte für Umwelt- und Klimarisiken an der Universität Aarhus. Diese Fragen stellen die Forschenden nicht nur auf der dänischen Insel, sondern auch in Estland und Polen, wo ebenfalls Windparks geplant sind und versenkte Munition ein mögliches Risiko darstellt.

Unterwasserroboter auf Tauchstation im Verdachtsgebiet

Die Ausfahrt AL628 ist die erste von drei Expeditionen, auf denen Daten für drei zentrale Munitions-Projekte gewonnen werden: Für CONMAR, das den Umgang mit Munition in deutschen Gewässern untersucht, für MUNI-RISK, das die gesamte Ostsee in den Blick nimmt und für MMinE-SwEEPER, in dem neun Länder das Thema europaweit erforschen. Neben den wissenschaftlichen und technologischen Zielen – Erfassung von Munitionskontamination und der Weiterentwicklung autonomer Kartierungstechnologien und Analysemethoden – fördert die Ausfahrt die internationale Zusammenarbeit.

„Wir sind auf den Austausch von Wissen und Daten angewiesen“, sagt Fahrtleiter Prof. Dr. Jens Greinert, Meeresgeologe und Experte für Munitionsaltlasten am Ƶ, „wo könnten Altlasten liegen?“ Ein Blick auf das Meer rund um das Schiff macht das absolut nachvollziehbar: Wo sollte man anfangen zu suchen? Und selbst wenn Hinweise vorliegen, ist die Suche aufwendig und oft langwierig.

Für das Gebiet südwestlich von Bornholm gab es solche Hinweise. Jens Greinert: „Auf der anderen Seite der Insel wurde 1947 chemische Munition versenkt, und hier ist eine so genannte relocation area. Wenn Fischer in der Vergangenheit Überreste von chemischen Kampfstoffen in ihrem Fang hatten, wurden sie angewiesen, diese hier wieder zu versenken.“

KÄPT'N BLAUBÄR liefert Live-Bilder vom Meeresboden

Und in diesem Gebiet scannen die Unterwasserdrohnen ALBERT und TIFFY nun den Meeresboden. Mit KÄPT’N BLAUBÄRs Kamera kann die Wissenschaftscrew live beobachten, wie es unten aussieht: Viele Steine, aber keine sichtbaren Spuren von Überresten chemischer Munition. Auch die chemische Analyse der Wasserproben gibt keinerlei Hinweise auf Explosivstoffe. „Das ist doch eine gute Nachricht“, resümiert Greinert.  

Als nächstes steuert die ALKOR die Munitionsversenkungsgebiete in der Lübecker Bucht an, wo Forschende vom polnischen Institut IOPAN sowie die deutsche Bundespolizei mit an Bord kommen. Dann geht es noch weiter vor die Küste von Boltenhagen, wo nach dem Zweiten Weltkrieg eine Schute mit konventioneller Munition versenkt wurde. Der auf dem Meeresboden liegende Inhalt der Schute soll ab Juni durch eine Kampfmittelräumfirma aus Rostock geräumt werden.

Die nächste Expedition ist für Oktober 2025 geplant. Dann wird der Schwerpunkt auf der Untersuchung von chemischen Kampfstoffen in polnischen Gewässern liegen.

 

Hintergrund: Munitionsbelastung der Ostsee

Geschätzte 40.000 Tonnen chemischer Munition und mehr als eine Million Tonnen konventioneller Munition liegen seit den Weltkriegen auf dem Meeresboden der Ostsee. Die Forschung zu diesen Altlasten ist komplex, das beginnt schon mit der Kartierung von Munitionsversenkungsgebieten und Orten von Kampfhandlungen. Bislang fehlen zuverlässige Technologien, um gefährliche Objekte automatisiert zu erkennen und ihr Gefährdungspotenzial genau einzuschätzen. Die Expeditionen mit dem Forschungsschiff ALKOR sollen dazu beitragen, Daten zu gewinnen, um solche Techniken weiterzuentwickeln, die Umweltauswirkungen von Munitionsaltlasten in der Ostsee besser zu verstehen und langfristig Lösungen für einen sicheren Umgang damit zu finden.

Hintergrund: MUNI-RISK

Das EU-geförderte Projekt MUNI-RISK untersucht die Risiken, die von versenkter Altmunition in der Ostsee ausgehen, und entwickelt Strategien für einen sicheren Umgang damit. Ziel ist es, besonders belastete Gebiete zu identifizieren und wissenschaftlich fundierte Maßnahmen zur Sanierung zu fördern. Dafür bündelt MUNI-RISK Daten aus den Ostsee-Anrainerstaaten, schließt Wissenslücken und unterstützt eine risikobasierte Bewertung von Munitionsaltlasten. Das Projekt liefert Methoden, um Unterwassermunition in Umweltverträglichkeitsprüfungen einzubeziehen und stellt Behörden sowie der Industrie praxisnahe Leitlinien zur Verfügung. Dadurch trägt MUNI-RISK zur sicheren Nutzung der Ostsee bei, etwa für Fischerei oder den Bau von Offshore-Windparks. Die entwickelten Konzepte sollen auch auf andere Meeresgebiete, wie das Schwarze Meer, übertragbar sein.

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news-9785 Thu, 13 Mar 2025 11:00:00 +0100 Weltweite Vergleichsstudie zur Alkalinitätserhöhung im Ozean startet in Kiel /news/article/oaepiip 13.03.2025/Kiel. Wie reagieren Plankton-Gemeinschaften auf eine Erhöhung der Alkalinität in verschiedenen Regionen des Ozeans? Diese Frage steht im Mittelpunkt des internationalen Forschungsprojekts Ocean Alkalinity Enhancement Pelagic Impact Intercomparison Project (OAEPIIP). Im Rahmen dieser ersten weltweit koordinierten Vergleichsstudie werden an 19 Standorten standardisierte Experimente durchgeführt – darunter auch am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Hier nutzen die Forschenden Wasser aus der Eckernförder Bucht, das sie jetzt an der Zeitserienstation Boknis Eck entnommen haben. Damit hat ein Messmarathon begonnen, mit dem bis Ende des Jahres Daten von allen Kontinenten gewonnen werden. Die Erhöhung der Alkalinität über die Zugabe einer alkalischen Substanz ist eine vielversprechende Klimaschutzmaßnahme. Die Methode, im Englischen ocean alkalinity enhancement (OAE) genannt, soll das Speichervermögen des Ozeans für Kohlendioxid (CO2) erhöhen und dabei gleichzeitig lokal der  Versauerung entgegenwirken. OAE ahmt den natürlichen Prozess der Gesteinsverwitterung nach. Eine weltweite Vergleichsstudie untersucht nun, wie Plankton – die winzigen Lebewesen im Meer an der Basis des Nahrungsnetzes – auf diese Maßnahme reagieren.

Experimente an 19 Standorten rund um die Welt

Das „Ocean Alkalinity Enhancement Pelagic Impact Intercomparison Project (OAEPIIP)“ – auf Deutsch „Vergleichsprojekt zu den Auswirkungen der Alkalinitätserhöhung im Ozean auf im freien Wasser schwimmende Organismen“ – wird von Prof. Dr. Lennart Bach, Meeresbiologe an der Universität von Tasmanien (Australien) koordiniert. 19 Forschungsgruppen aus verschiedenen Teilen der Welt werden in diesem Jahr standardisierte Experimente in abgeschlossenen 55-Liter-Behältern durchführen. Diese so genannten Mikrokosmen sind Experimentiersysteme, in denen die Forschenden Veränderungen in der Zusammensetzung von Planktongemeinschaften und biogeochemischen Parametern infolge der Alkalinitätserhöhung beobachten können.

Untersuchung der Planktonreaktion in der Ostsee und in tropischen Gewässern

Das Ƶ beteiligt sich mit zwei Untersuchungen in ganz verschiedenen Umgebungen: Dr. Giulia Faucher, Mitarbeiterin der Arbeitsgruppe Biogeochemische Prozesse, untersucht die Auswirkungen der OAE auf Planktongemeinschaften in gemäßigten Breiten. Dafür begann sie am Freitag mit der Befüllung der Mikrokosmen von Bord des Forschungskutters LITTORINA aus an der Zeitserienstation Boknis Eck (Eckernförder Bucht). „Die verwendeten Behälter, die Art und Weise, wie sie befüllt werden, wie die Alkalinität hinzugefügt wird und welche Messungen gemacht werden – all das ist standardisiert, um die Vergleichbarkeit der Studien zu gewährleisten“, sagt Giulia Faucher.

Ihre Kollegin aus der gleichen Arbeitsgruppe, Dr. Leila Kittu, wird dasselbe Experiment ab Mai in tropischen Gewässern vor Kenia durchführen. Dafür hat sie eine neue Kooperation zwischen dem Ƶ, dem Kenya Marine Fisheries Research Institute (KMFRI) und der Technischen Universität Mombasa (TUM) aufgebaut.

Standardisierung für Vergleichbarkeit weltweit

OAEPIIP ist die erste weltweit koordinierte Vergleichsstudie zur Alkalinitätserhöhung im Ozean. „Diese standardisierten Experimente ermöglichen es uns, die ökologischen Auswirkungen unter verschiedenen Umweltbedingungen zu vergleichen – von gemäßigten Breiten bis zu tropischen Gewässern, von nährstoffarmen bis nährstoffreichen Regionen“, sagt Giulia Faucher.

Die Ergebnisse fließen in eine umfassende Meta-Analyse ein, die neue Erkenntnisse zu den potenziellen Auswirkungen der OAE liefert – entscheidende Informationen für politische Entscheidungstragende, die eine großflächige Anwendung dieser Methode als Maßnahme gegen den Klimawandel in Betracht ziehen.

 

 

Hintergrund: Alkalinitätserhöhung im Ozean

Die Methode der Alkalinitätserhöhung im Ozean (auf Englisch ocean alkalinity enhancement, OAE) ahmt die natürliche Gesteinsverwitterung nach, die über geologische Zeiträume die Alkalinität des Ozeans erhöht. Da jedoch der menschengemachte CO2-Eintrag etwa hundertmal schneller erfolgt als dieser natürliche Prozess, beschleunigt OAE diesen Mechanismus durch die direkte Zugabe von alkalischen Mineralien ins Meerwasser. Diese Zugabe erhöht den pH-Wert und die Konzentration von Karbonat-Ionen, wodurch das Wasser mehr CO2 chemisch binden kann. Gleichzeitig kann die Steigerung des pH-Wertes eine lokal puffernde Wirkung gegen Ozeanversauerung entfalten.

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news-9780 Wed, 05 Mar 2025 10:21:00 +0100 Tiefseebergbau: Spuren auf dem Meeresboden /news/article/spuren-auf-dem-meeresboden 05.03.2025/Kiel. Der Abbau von Manganknollen am Meeresgrund würde zu erheblichen und nachhaltigen ökologischen Veränderungen führen – sowohl im Abbaugebiet selbst, wo die oberste Sedimentschicht und die darin und darauf lebenden Organismen zusammen mit den Knollen entfernt werden, als auch in den umgebenden Bereichen, wo sich das aufgewirbelte Sediment wieder ablagert. Unabhängige Wissenschaftler:innen des europäischen Projekts MiningImpact und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) haben den Test eines industriellen Vorprototypen eines Knollenkollektors in der Clarion-Clipperton-Zone im Ostpazifik begleitet und die Ausbreitung der aufgewirbelten Sedimentwolken sowie deren Ablagerungsmuster auf dem Meeresboden räumlich und zeitlich analysiert. Ihre Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Nature Communications öڴڱԳٱ. In den Tiefsee-Ebenen in 3000 bis 6000 Metern Wassertiefe liegen auf Millionen Quadratkilometern Manganknollen wie Kartoffeln auf einem Acker. Diese mineralischen Erze wachsen über Zeiträume von Millionen von Jahren, entweder durch Anlagerung von im Meerwasser gelösten Metallen oder durch Metalle, die durch mikrobielle Zersetzung organischen Materials in den Sedimenten freigesetzt werden. Aufgrund der weltweit steigenden Nachfrage nach kritischen Metallen wie Nickel, Kobalt und Kupfer, wächst der Druck, auch diese Vorkommen abzubauen und wirtschaftlich zu nutzen.

Aufgrund der extremen Bedingungen in der Tiefsee sind die dortigen Ökosysteme mit ihrer hohen biologischen Artenvielfalt – die größtenteils aus kleinen Organismen im Sediment besteht –besonders empfindlich gegenüber Umweltstörungen. Welche Auswirkungen ein möglicher Tiefseebergbau auf die Ökosysteme der Tiefsee hätte, untersucht seit 2015 das vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel koordinierte europäische JPI-Oceans-Projekt MiningImpact. Frühere Analysen jahrzehntealter Störungsspuren in der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ) und im Peru-Becken deuten darauf hin, dass Eingriffe langfristige Schäden verursachen: Die biologische Vielfalt sowie wichtige Ökosystemfunktionen werden für viele Jahrhunderte erheblich beeinträchtigt.

Ein wesentliches, aber noch wenig verstandenes Risiko besteht durch die Ausbreitung von aufgewirbelten Sedimentwolken, die während eines möglichen Tiefseebergbaus entstehen. Um diesen Prozess besser zu verstehen, nutzten die Forschenden von MiningImpact und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) den Test eines ferngesteuerten Knollenkollektor-Prototypen durch das belgische Unternehmen Global Sea Mineral Resources (GSR), um die  Auswirkungen zu beobachten und auszuwerten. Ihre Studie, die erstmals detaillierte Daten zur Ausbreitung und Ablagerung der Sedimentwolken liefert, ist jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications erschienen.

„Während der größte Teil der aufgewirbelten Sedimente innerhalb weniger hundert Meter wieder zu Boden sinkt, konnten wir feine Partikel noch in bis zu 4.5 Kilometern Entfernung nachweisen“, sagt Erstautor Dr. Iason-Zois Gazis, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der DeepSea Monitoring Group am Ƶ.

Vermessung der durch Manganknollenabbau erzeugten Sedimentwolken in 4500 Metern Tiefe

Im April 2021 testete GSR sein Kollektorfahrzeug für 41 Stunden in 4500 Metern Tiefe auf dem Meeresboden. Das Gerät legte dabei eine Strecke von rund 20 Kilometern zurück und baute Manganknollen auf einer Fläche von 34.000 Quadratmetern – etwa so groß wie fünf Fußballfelder – ab. Während des Tests wurden die aufgewirbelten Sedimentwolken mit zahlreichen kalibrierten Sensoren auf stationären Plattformen am Meeresboden sowie autonomen Unterwasserfahrzeugen und Tauchrobotern vermessen.

Dabei zeigte sich, dass die aufgewirbelten Sedimente hinter dem Kollektor einen dichten Trübestrom bildeten, der entlang steilerer Abschnitte des Meeresbodens bis zu 500 Meter hangabwärts floss. Die weitere Ausbreitung der Sedimentwolke wurde vor allem durch die natürliche Ozeanströmung am Meeresboden bestimmt. In unmittelbarer Umgebung des Abbaugebiets waren die Sedimentkonzentrationen bis zu 10.000-mal höher als natürlicherweise, sanken jedoch innerhalb von 14 Stunden wieder auf Normalwerte. Der Großteil der aufgewirbelten Partikel konzentrierte sich innerhalb von fünf Metern über dem Meeresboden und setzte sich relativ schnell durch Partikelzusammenballung wieder ab. Feinere Sedimentpartikel wurden durch ѱٰöܲԲ am Boden über mehr als 4,5 Kilometer aus dem Überwachungsgebiet hinaustransportiert.

Mittels hochauflösender 3D-Kartierungen des Meeresbodens erfassten die Forschenden die Abbauspuren millimetergenau und schätzten die Menge des abgetragenen Sediments sowie dessen Wiederablagerung ab: Im Abbaugebiet wurden mindestens die oberen fünf Zentimeter des Meeresbodens entfernt, während die Sedimentablagerungen bis zu drei Zentimeter betrugen und das Knollenhabitat bis in eine Entfernung von etwa hundert Metern komplett bedeckten. Mit zunehmender Entfernung vom Abbaugebiet wurde die abgelagerte Sedimentschicht dünner.

Die Studie liefert wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse für die Entwicklung internationaler Regularien, wie den Mining Code der Internationalen Meeresbodenbehörde, insbesondere im Bereich der Umweltüberwachung von Tiefseebergbauaktivitäten, indem sie moderne Technologien und Strategien für das Monitoring aufzeigt. Die Ergebnisse dieser Studie werden zudem helfen, die physikalischen Auswirkungen des Abbaus präzise mit den ökologischen Folgen zu verknüpfen, zu denen die Forschenden im Projekt MingImpact weiter arbeiten.

 

Publikation:

Gazis, I.-Z., de Stigter, H., Mohrmann, J. et al. (2025). Monitoring benthic plumes, sediment redeposition and seafloor imprints caused by deep-sea polymetallic nodule mining. Nature Communications, 16, Article 1229.

 

Hintergrund: MiningImpact-Projekt

Seit 2015 untersuchen und bewerten europäische Wissenschaftler im Verbundprojekt MiningImpact die Umweltauswirkungen eines möglichen zukünftigen Tiefseebergbaus. Die wissenschaftlichen Ergebnisse werden in Handlungsvorschläge für internationale und nationale Behörden umgesetzt. MiningImpact wird im Rahmen der Joint Programming Initiative Healthy and Productive Seas and Oceans (JPI Oceans) gefõrdert.  

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news-9778 Tue, 04 Mar 2025 12:07:00 +0100 Monitoring der Weltmeere mithilfe von Telekommunikationskabeln /news/article/monitoring-der-weltmeere-mithilfe-von-telekommunikationskabeln 04.03.2024/Potsdam/Kiel. Bestehende Telekommunikationskabel am Meeresboden können wichtige Daten über das Klima und zu geologischen Gefahren liefern. Dieses Potenzial wird die neue Forschungsinfrastruktur SAFAtor nutzen: Durch die Ausstattung bestehender Kabel mit innovativen Sensoren sollen entscheidende Daten über Ozeanströmungen, Erdbeben und Tsunamis gewonnen und Frühwarnsysteme verbessert werden. Das mit 30 Millionen Euro geförderte Projekt wird vom GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung (GFZ) in Potsdam gemeinsam mit dem Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel geleitet. Der offizielle Startschuss fällt morgen beim Kick-Off-Meeting in Potsdam. Die weltweite Überwachung des Erdsystems erfolgt bisher vor allem durch wissenschaftliche Infrastrukturen an Land, das jedoch nur etwa 30 Prozent der Erdoberfläche ausmacht. Der Ozean, insbesondere der Meeresboden, der eine zentrale Rolle bei der Regulierung des Klimas spielt und Schauplatz gefährlicher Naturkatastrophen ist, ist bislang unzureichend überwacht. Dies führt zu erheblichen Lücken bei der Erfassung wichtiger Parameter.

Um diese Lücken zu schließen, wird das GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung in Potsdam gemeinsam mit dem Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel vorhandene Telekommunikationskabel auf dem Meeresgrund mit innovativer Sensortechnologie ausstatten. Diese so genannten SMART-Kabel sollen wertvolle Daten zu Klima- und Geogefahren wie Erdbeben und Tsunamis in Echtzeit liefern.

Der Name des Projekts: SAFAtor. Das steht für „SMART Cables And Fiber-optic Sensing Amphibious Demonstrator“ (etwa: Demonstrator von SMART-Kabeln sowie faseroptischer Sensorik zur wissenschaftlichen Überwachung in amphibischer Umgebung). SAFAtor wird von dem GFZ-Wissenschaftler Professor Dr. Fabrice Cotton geleitet. Am Ƶ verantworten Professorin Dr. Heidrun Kopp (Leiterin des Forschungsbereichs Dynamik des Ozeanbodens), Professorin Dr. Laura Wallace (Marine Geodynamik), Professor Dr. Peter Brandt (Physikalische Ozeanographie) und Professorin Dr. Morelia Urlaub (Marine Geomechanik) das Projekt.

Die Forschungsinfrastruktur SAFAtor ist Teil des Portfolios der großen Helmholtz-Infrastrukturen und wird als strategische Ausbauinvestition mit 30 Millionen Euro gefördert. Morgen [5. März] startet es offiziell mit einem Kick-Off-Meeting am GFZ in Potsdam.

Ozeandatenlücken schließen

Der Ozean bedeckt 70 Prozent unseres Planeten und spielt eine zentrale Rolle im Klimasystem. Der Meeresboden beherbergt zudem einzigartige Ökosysteme und tektonische Plattengrenzen, die schwere Erdbeben und Tsunamis auslösen können. Dennoch ist wenig bekannt über diese Prozesse, da der Ozeanboden schwer zugänglich und nur unzureichend mit Messstationen ausgestattet ist. „SAFAtor bietet uns die herausragende Möglichkeit, diese Datenlücke zu schließen, ein umfassendes Verständnis des Klimasystems zu erlangen und die Ursachen von Geogefahren besser zu erforschen,“ sagt Heidrun Kopp.

SMART-Kabel und Echtzeitdaten

Die Projektpartner wollen in den nächsten fünf Jahren ein unterseeisches Telekommunikationskabel mit Sensoren ausstatten, das kontinuierlich Echtzeitdaten zu Temperatur, Druck und Bodenbewegung liefert. Solche mit intelligenter Sensortechnik ausgestatteten Kabel werden als SMART (Science Monitoring and Reliable Telecommunications, Wissenschaftliche Überwachung und verlässliche Telekommunikation) bezeichnet. „Telekommunikationskabel durchziehen die Weltmeere und müssen alle 25 Jahre erneuert werden“, sagt Laura Wallace. „Durch den Einsatz von SMART-Kabeln haben wir die Möglichkeit, eine einfache und vergleichsweise kostengünstige Sensorabdeckung des Ozeanbodens und der Küstengebiete zu erreichen.“

Abdeckung von Tiefsee und küstennahen Bereichen

Im Laufe des Projekts soll ein Tiefsee-Telekommunikationskabel vor dem Verlegen in einem Abstand von etwa 20 bis 30 Kilometern mit rund 40 Sensorstationen ausgestattet werden. Dabei soll gezeigt werden, dass der Telekommunikationsverkehr nicht gestört wird.

Wo das für SAFAtor genutzte Kabel liegen soll, steht noch nicht fest. Derzeit werden weltweit mögliche Regionen dafür erkundet, etwa im Mittelmeer, in der Arktis oder vor Neuseeland. Das System kann dann als Modell für zukünftige Projekte dienen und so internationale Initiativen, die dieses Messsystem an weiteren Kabeln etablieren wollen, mit praktischen und wissenschaftlichen Erfahrungen unterstützen.

Zudem ist ein permanentes küstennahes Monitoring an drei ausgewählten Observatorien geplant: in der Nähe der seismisch aktiven nordanatolischen Verwerfungszone, die die Stadt Istanbul bedroht, am Ätna, einem der aktivsten Vulkane Europas und an der nordchilenischen Subduktionszone, wo regelmäßig starke Erdbeben auftreten. Für das küstennahe Monitoring wird das Prinzip der faseroptischen Messung genutzt, bei der das Kabel selbst als Sensor dient. Mit dieser Technik können Lichtpulse in einzelnen Glasfasern genutzt werden, um selbst kleinste Bodenbewegungen zu messen, wie sie zum Beispiel durch Erdbebenwellen ausgelöst werden.

Neue Daten für Klimaforschung und Frühwarnsysteme

Die neuen Daten haben das Potenzial, das Verständnis der Ozeanströmungen und der Rolle des Ozeans im Klimawandel zu revolutionieren. Gleichzeitig werden sie für das Verständnis von Geogefahren (Erdbeben, Tsunamis, Hangrutschungen, Vulkanausbrüche) von herausragender Bedeutung sein und die Frühwarnzeiten bei Extremereignissen deutlich verkürzen. Neben diesen Kernanwendungen werden die Daten auch der Erforschung mariner Ökosysteme dienen.

„Die Echtzeitüberwachung der Vorgänge am Meeresboden ist ein Schlüssel zum Schutz der Gesellschaft vor Naturgefahren und den Auswirkungen des Klimawandels“, sagt Morelia Urlaub. „Mit Hilfe von SAFAtor können wir hochauflösende Daten nicht nur für Erdbeben- und Tsunamistudien, sondern auch für die Ozeanografie und die Klimawissenschaften bereitstellen – und das mit einer Infrastruktur, die nur einen minimalen ökologischen Fußabdruck hinterlässt.“

Zentrale Datenplattform

Alle neu gewonnenen Kabeldaten werden zentral gesammelt und zur Verfügung gestellt. Der vom GFZ geleitete Datendienst wird als Plattform für zukünftige Kabeldaten dienen. „Die Helmholtz-Gemeinschaft hat damit die Chance, eine weltweit führende Rolle in der Entwicklung dieser kabelgebundenen Sensorsysteme und der Verbreitung der neuen Beobachtungsdaten zu übernehmen“, sagt Projektleiter Fabrice Cotton.

 

Hintergrund: Expertise der beteiligten Zentren

Das Ƶ hat langjährige Erfahrung in der weltweiten Erforschung der Tiefsee und von Naturgefahren aus dem Meer. Mit seiner Expertise in der Entwicklung von Unterwassertechnologien wird es federführend an der Integration der notwendigen SMART-Sensortechnologie in Tiefseekabel beteiligt sein.

Die Wissenschaftler:innen des GFZ werden vor allem für den Ausbau der Observatorien im küstennahen Bereich verantwortlich sein, aber auch bei der Auswahl und Ausstattung eines Demonstratorkabels mit SMART-Sensorik mitwirken. Darüber hinaus stellt das GFZ die Infrastruktur zur Verfügung, um die neu gewonnenen Daten nach den FAIR-Prinzipien zu verarbeiten, zu archivieren und zugänglich zu machen. FAIR steht dabei für auffindbar, zugänglich, interoperabel und nachnutzbar.

Die assoziierten Projektpartner – die Helmholtz-Zentren AWI und Hereon – stellen ihre Unterwasserinfrastruktur COSYNA in der Nähe von Helgoland für Entwicklungszwecke zur Verfügung. SAFAtor erfährt darüber hinaus eine breite nationale und internationale Unterstützung durch wissenschaftliche Konsortien und Institute, Industrie und Netzbetreiber.

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news-9775 Wed, 26 Feb 2025 10:00:00 +0100 Umweltbelastung durch Altmunition in der Ostsee /news/article/umweltbelastung-durch-altmunition-in-der-ostsee 26.02.2025/Kiel. Aus Altmunition in der südwestlichen Ostsee sind bereits rund 3000 Kilogramm gelöste giftige Chemikalien freigesetzt worden, wie eine neue Studie des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigt. In Wasserproben aus den Jahren 2017 und 2018 wurden die Substanzen in fast allen Fällen nachgewiesen, insbesondere in der Kieler und der Lübecker Bucht. Noch liegen die Werte unterhalb der Schwelle für ein Gesundheitsrisiko, die Ergebnisse unterstreichen jedoch den Handlungsbedarf bei der Munitionsräumung, um die langfristigen Risiken zu minimieren. Die Studie ist jetzt im Fachmagazin Chemosphere erschienen. In der deutschen Ostsee liegen Schätzungen zufolge rund 300.000 Tonnen Altmunition. Der Großteil stammt aus gezielten Versenkungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Diese Versenkungsgebiete sind bekannt, die Munition liegt überwiegend deutlich sichtbar auf dem Meeresboden und kann mit Tauchrobotern dokumentiert und kartiert werden. Doch sprengstofftypische Verbindungen breiten sich über die Versenkungsgebiete hinaus im Wasser aus. Diese Belastung wird mit fortschreitender Korrosion der Metallhüllen noch zunehmen und Risiken weiter steigen, wenn die Altlasten nicht geborgen werden. Steigende Temperaturen und zunehmende Stürme im Zuge des Klimawandels beschleunigen den Zerfall der Munition zusätzlich.

Schadstoffe in fast jeder Probe nachgewiesen

Eine neue Studie des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigt die anhaltende Umweltbelastung durch Altmunition. Dafür wurden in den Jahren 2017 und 2018 Wasserproben aus der südwestlichen Ostsee genommen, unter anderem in der Kieler und der Lübecker Bucht. Munitionschemikalien konnten in fast jeder Wasserprobe nachgewiesen werden. Die gemessenen Konzentrationen lagen meist weit unterhalb von Grenzwerten für Trinkwasser oder toxikologisch bedenklichen Schwellenwerten für Meeresorganismen. In einigen Fällen näherten sich die Werte jedoch kritischen Konzentrationen.

„Die Altmunition enthält giftige Substanzen wie TNT (2,4,6-Trinitrotoluol), RDX (1,3,5-Trinitro-1,3,5-triazinan) und DNB (1,3-Dinitrobenzol), die ins Meerwasser freigesetzt werden, wenn die Metallhüllen durchrosten“, erklärt Erstautor Dr. Aaron Beck, Geochemiker am Ƶ. „Diese Stoffe können die marine Umwelt und die Gesundheit von Lebewesen gefährden, da sie toxisch und krebserregend sind.“

Regionale Unterschiede in der Kontamination

Vermutlich aufgrund unterschiedlicher Munitionstypen zeigten sich regionale Unterschiede bei der Kontamination: Besonders hohe TNT-Konzentrationen wurden in der Kieler Bucht gemessen, während in der Lübecker Bucht vor allem RDX und DNB nachgewiesen wurden. Die Munitionschemikalien lagen überwiegend in gelöster Form vor und waren nur in geringem Maße an Schwebstoffe oder Sedimente gebunden.

Die Forschenden stellten fest, dass der aktuelle Bestand an gelösten Munitionschemikalien in der Region etwa 3000 Kilogramm beträgt. Ohne Maßnahmen zur Bergung ist mit einem Anstieg der Kontamination zu rechnen, da die Metallhüllen durch Korrosion zunehmend zerfallen und dadurch kontinuierlich mehr chemische Stoffe freigesetzt werden. Dieser Prozess würde noch mindestens 800 Jahre lang andauern.

Ein globales Umweltproblem

Die Studie unterstreicht, dass die chemische Belastung durch Munitionsaltlasten ein internationales Problem ist. Die Forschenden empfehlen, versenkte Altlasten als „historische Kontaminanten mit wachsendem Besorgnispotenzial“ (“historical contaminants of emerging concern”) zu betrachten und gezielt zu sanieren.

Aaron Beck: „Im Gegensatz zu diffusen Verschmutzungen liegt die Altmunition in konzentrierter, bereits verpackter Form vor. Sie lässt sich also physisch aus der Umwelt entfernen.“ Die Munitionsräumungen in Deutschland könnten als Modell für die Beseitigung solcher Abfälle auf der ganzen Welt dienen. „Mit den Kriegsaltlasten kann zumindest eine Quelle für die Kontamination des Meeres dauerhaft beseitigt werden.“

 

Publikation:

Beck, A. J., Gledhill, M., Gräwe, U., Kampmeier, M., Eggert, A., Schlosser, C., Stamer, B., Greinert, J., & Achterberg, E. P. (2025). Widespread environmental contamination from relic munitions in the southwestern Baltic Sea. Chemosphere, 2025, 144115.

 

Hintergrund: Pilotprojekt zur Munitionsbergung

Die Bundesregierung hat ein Pilotprogramm zur Bergung und umweltgerechten Entsorgung von Munitionsaltlasten ins Leben gerufen. Mit einem Budget von 100 Millionen Euro wurden im Herbst 2024 erstmals gezielt Munitionsreste aus der Lübecker Bucht geborgen. In einem zweiten Schritt soll eine autonome Bergungsplattform entwickelt werden, die die Altmunition vor Ort birgt und unschädlich macht.

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news-9749 Tue, 25 Feb 2025 12:00:00 +0100 Längste Unterwasser-Sedimentströme erstmals genau analysiert /news/article/laengste-unterwasser-sedimentstroeme-erstmals-genau-analysiert 25.02.2025/Kiel. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Durham University, England, hat die bislang längsten jemals gemessenen Sedimentströme der Erde untersucht. Mithilfe seismischer Messungen gelang es den Wissenschaftler:innen erstmals, die innere Struktur dieser zehn bis hundert Kilometer langen Trübeströme detailliert zu analysieren – einem Phänomen, das seit fast 100 Jahren erforscht, aber nie direkt beobachtet werden konnte. Die neuen Erkenntnisse über die Dynamik dieser gewaltigen Ströme helfen, Risiken für Unterwasser-Infrastrukturen wie Unterwasserkabel besser einzuschätzen und Modelle zum Sediment- und Kohlenstofftransport im Ozean zu verbessern. Ihre Ergebnisse sind heute in dem Fachmagazin Nature Communications Earth and Environment veröffentlicht worden. Trübeströme sind ein gewaltiges Naturphänomen, das allerdings meist unbeobachtet abläuft: Diese Ströme unter der Meeresoberfläche formen tiefe Schluchten am Meeresboden, bilden riesige Sedimentablagerungen und können auch Unterseekabel und Pipelines beschädigen. Das Phänomen ist seit rund 100 Jahren bekannt, doch aufgrund ihrer Dynamik – die Geschwindigkeiten von Canyon-spülenden Trübeströmen sind vergleichbar mit Lawinen – war es bislang nahezu unmöglich, diese Ströme direkt zu messen: Messinstrumente, die ihnen direkt in den Weg gestellt werden, würden durch die enorme Kraft zerstört.

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und der Durham University (Großbritannien) hat nun eine neue Methode entwickelt, um diese Ströme aus sicherer Entfernung zu beobachten: Mit Ozeanboden-Seismometern, die normalerweise zur Erforschung von Erdbeben genutzt werden, konnten sie erstmals die innere Struktur dieser gewaltigen Strömungen entschlüsseln. Die Ergebnisse ihrer Forschung werden heute im Fachmagazin Nature Communications Earth and Environment öڴڱԳٱ.

Ozeanboden-Seismometer ertasten den längsten je gemessenen Trübestrom aus der Ferne

„Genau wie Flüsse Sedimente über Land transportieren, sind Trübeströme der wichtigste Mechanismus für den Transport von Sedimenten und organischem Kohlenstoff aus küstennahen Gebieten in die Tiefsee“, erklärt Dr. Pascal Kunath, Geophysiker am Ƶ und Erstautor der Studie. „Im Gegensatz zu Flüssen gehören Trübeströme jedoch zu den am wenigsten verstandenen Prozessen des Sedimenttransports.“

Um dies zu ändern, positionierte das Forschungsteam im Oktober 2019 Seismometer im Bereich des Kongobeckens und -kanals vor der Westküste Afrikas, einem der größten und tiefsten Unterwasser-Canyons der Welt. Die Messinstrumente wurden mehrere Kilometer außerhalb, fernab des zerstörerischen Bereichs der Ströme positioniert, um die seismischen Signale zu registrieren, die durch die Strömung und den damit verbundenen Sedimenttransport erzeugt werden.

Mit dieser Methode verfolgten die Wissenschaftler:innen zwei Trübeströme, die sich mit Geschwindigkeiten von 5 bis 8 Metern pro Sekunde (m/s) über eine Distanz von 1.100 Kilometern bewegten – von der Mündung des Kongo-Flusses durch den Kongo-Tiefseegraben und -Kanal. Damit handelt es sich um die längsten je gemessenen Sedimentströme. Diese Ströme beschädigten im Januar und März 2020 mehrere Unterseekabel, die Westafrika mit dem Rest der Welt verbinden, und führten zu erheblichen Störungen der Internet- und Datenkommunikation.

Dynamik der Ströme neu bewertet

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die dichte Front dieser Canyon-spülenden Trübeströme nicht aus einem einzigen, kontinuierlichen Fluss besteht, sondern aus zahlreichen Schüben, die jeweils fünf bis 30 Minuten andauern“, sagt Kunath. Besonders bemerkenswert: Die schnellsten Strömungsschübe treten bis zu 20 Kilometer hinter der Strömungsfront auf. Diese überholen schließlich die Front und liefern das Sediment und die nötige Energie, um den Hauptfluss über große Distanzen aufrechtzuerhalten.

Diese Beobachtung stellt bisherige Annahmen infrage, nach denen die höchsten Geschwindigkeiten an der Strömungsspitze zu erwarten wären. Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass turbulente Vermischung mit Meerwasser oder andere bremsende Kräfte das Verhalten der Ströme über große Distanzen erheblich beeinflussen.

Neue Möglichkeiten zur Überwachung von Trübeströmen

Die Studie liefert nicht nur eine Methode zur Fernüberwachung von Trübeströmen, sondern verbessert auch das Verständnis darüber, wie diese mächtigen Ströme funktionieren. Durch die detaillierte Analyse ihrer inneren Dynamik können die Auswirkungen auf Infrastrukturen am Meeresboden besser vorhergesagt und Modelle zum Sediment- und Kohlenstofftransport im Ozean weiter verfeinert werden.

 

Original Publikation:

Kunath, P., Talling, P. J., Lange, D., Chi, W.-C., Baker, M. L., Urlaub, M., & Berndt, C. (2025). Ocean-bottom seismometers reveal surge dynamics in Earth’s longest-runout sediment flows. Commun Earth Environ 6, 147.

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news-9773 Fri, 21 Feb 2025 10:35:38 +0100 Wo Küstenauftrieb und Saharastaub das Leben im Meer fördern /news/article/wo-kuestenauftrieb-und-saharastaub-das-leben-im-meer-foerdern 21.02.2025/Kiel/Mindelo. Am Wochenende ist die Expedition M208 unter Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel gestartet. Die Fahrt mit dem Forschungsschiff METEOR untersucht die physikalischen, chemischen und biologischen Prozesse im küstennahen Auftriebsgebiet vor Nordwestafrika. Ziel ist es, das Zusammenspiel von Ozean, Atmosphäre und marinen Ökosystemen besser zu verstehen. Die Expedition dient zudem als Vorbereitung für das Großprojekt FUTURO, das sich ab 2027 mit der weiteren Entwicklung des Ökosystems vor Westafrika beschäftigen wird. Küstenauftriebsgebiete an den östlichen Rändern des Atlantiks und Pazifiks gehören zu den biologisch produktivsten Regionen des Ozeans und haben eine hohe ökologische und sozioökonomische Bedeutung. Sie beeinflussen das globale Klima erheblich, reagieren jedoch empfindlich auf menschliche Einflüsse wie Ozeanerwärmung, Ozeanversauerung und Sauerstoffmangel.

Um diese komplexen Prozesse besser zu verstehen, braucht es eine tiefgreifende wissenschaftliche Beschreibung von Küstenauftriebssystemen. Die jetzt unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel gestartete METEOR-Expedition M208 „NowUP“ wird dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Der Name der Ausfahrt steht für Northwest African Upwelling and Productivity (Nordwestafrikanisches Auftriebsgebiet und Produktivität). Sie trifft erste Vorbereitungen für die internationale Beobachtungskampagne FUTURO (The FUture of Tropical Upwelling Region in the Atlantic Ocean), die von 2027 bis 2029 vor Nordwestafrika durchgeführt werden soll.

Physikalischer Antrieb biologischer Produktivität

Die hohe Produktivität im Auftriebsgebiet vor Nordwestafrika wird durch den südlichen Wind entlang der Küste angetrieben. Dieser Wind verursacht einen ablandigen Transport oberflächennahen Wassers, das durch tieferes, nährstoffreiches Wasser ersetzt wird. Allerdings können auch andere physikalische Prozesse eine ebenso wichtige Rolle spielen. Dazu gehören beispielsweise Randwellen, die am Äquator oder an den Küsten des Golfs von Guinea erzeugt werden und zu einem Aufstieg nährstoffreichen Wassers vor Nordwestafrika führen, sowie die Vermischung auf dem Schelf, die lokal durch interne Gezeiten hervorgerufen wird. Mit einer Kombination verschiedener Messinstrumente, die kontinuierlich während der Fahrt oder auf Stationen eingesetzt werden, sowie durch den Einsatz autonomer Gleiter und Verankerungen, wird während NowUP die komplexe Dynamik im Auftriebsgebiet genauer erfasst, um Rückschlüsse auf mögliche zukünftige Veränderungen zu ziehen.

Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre

Die Atmosphäre beeinflusst die biologische Produktivität des Meeres durch den Eintrag gewaltiger Mengen von Saharastaub, der essenzielle Nährstoffe wie Phosphat und Eisen liefert. Diese fördern das Wachstum von Phytoplankton, das als Basis des marinen Nahrungsnetzes dient und eine wichtige Rolle als Sauerstoffproduzent und CO₂-Senke spielt. Wie genau die winzigen Staubpartikel die biologischen und chemischen Prozesse im Wasser beeinflussen, ist eine der zentralen Fragen der METEOR-Expedition M208. Dabei wird auch untersucht, unter welchen meteorologischen Bedingungen Staubausbrüche auftreten. „Februar und März sind eine günstige Zeit für unsere Ausfahrt“, sagt Fahrtleiter Dr. Peter Brandt, Professor für Physikalische Ozeanographie am Ƶ. „In dieser Zeit ist durch verstärkte Winde die biologische Produktivität maximal und gleichzeitig treten Saharastaubstürme auf.“

Nährstoffe aus Wüstenstaub treiben die „biologische Pumpe“ an

Die „biologische Pumpe“ ist entscheidend für den globalen Kohlenstoffkreislauf. Der Begriff „biologische Pumpe“ beschreibt die Aufnahme von CO₂ aus der Atmosphäre durch mikroskopische Algen (Phytoplankton) zum Aufbau ihrer Biomasse und dem anschließenden Export des gebundenen Kohlenstoffes in größere Wassertiefen. Hier ist dieser Kohlenstoff dann für hunderte von Jahre gespeichert und dem Klimageschehen entzogen. Der Aufbau der Phytoplankton-Biomasse wird durch Nährstoffe wie Stickstoff und Phosphor, die vor Westafrika durch Auftrieb an die Oberfläche gelangen, und eben auch Spurenelemente aus Saharastaub unterstützt. Der Export dieser Biomasse geschieht auf verschiedene Weisen. Zum Beispiel fressen kleine, im Meer driftende Tiere (Zooplankton) das Phytoplankton und scheiden Kotballen aus, die im Ozean absinken. Absterbendes Phytoplankton kann auch zu Aggregaten zusammenballen und als sogenannter Mariner Schnee absinken. Zudem tragen tägliche vertikale Migrationen von Zooplankton von der Oberfläche bis in ca. 200 bis 600 Meter Tiefe zur zusätzlichen Kohlenstoffverlagerung bei.

Vielfältige Messungen geplant

Für ihre Untersuchungen werden die Wissenschaftler:innen verschiedene Instrumente einsetzen, darunter um den Salz- und Sauerstoffgehalt, die Temperatur, die Nährstoff-, Eisen-, Phyto-, Zooplankton- und Partikelverteilung zu messen.

  • Verankerte Instrumente zur Bestimmung von Strömungen, internen Wellen und dem Kohlenstofffluss
  • Gleiter messen autonom während der Schiffskampagne und können Meeresgebiete hydrographisch erfassen
  • Echtzeitsatelliten helfen dabei, dynamische Strukturen zu identifizieren und die Schiffsmessungen besser zu planen
  • ADCP (Acoustic Doppler Current Profiler) zur akustischen Messung der Geschwindigkeit von ѱٰöܲԲ in verschiedenen Wassertiefen
  • Microstructursonden vermessen die Vermischung im Ozean
  • Moving Vessel Profiler (MVP) misst Wassereigenschaften (z. B. Temperatur, Salzgehalt und Chlorophyll) vom fahrenden Forschungsschiff
  • Radiosonden steigen mit Ballons in die Atmosphäre auf, um Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Wind in verschiedenen Höhen zu messen
  • Sensoren vom Portablen Meteorologischen Observatorium (PortMeteO) registrieren das Wettergeschehen und den Staubtransport

Die Expedition M208 hat das Ziel, die Wechselwirkungen zwischen Auftrieb, Staubeintrag, Phytoplankton Wachstum und Kohlenstoffexport besser zu verstehen und damit präzisere Vorhersagen über die Auswirkungen von Klimaveränderungen auf Küstenauftriebssysteme zu ermöglichen.

Verfolgen Sie die Expedition in Echtzeit

Wer die Messungen der Expedition verfolgen möchte, kann hier aktuell gemessene Forschungsdaten wie zum Beispiel Ozeangeschwindigkeiten einsehen.

Expedition auf einen Blick: 

Name: METEOR-Expedition M208 „NowUP“

Fahrtleitung: Prof. Dr. Peter Brandt

Zeitraum: 14.02.2025 – 17.03.2025

Start und Ende: Mindelo, Kap Verde 

Fahrtgebiet: Nordwestatlantik

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news-9767 Thu, 20 Feb 2025 10:00:00 +0100 Neue Daten für die Risikobewertung von Hangrutschungen im Meer /news/article/neue-daten-fuer-die-risikobewertung-von-hangrutschungen-im-meer 20.02.2025/Kiel. Wie gefährlich sind Hangrutschungen in submarinen Canyons? Um diese Frage zu beantworten, startet heute das deutsche Forschungsschiff SONNE von Wellington (Neuseeland) aus zu einer mehrwöchigen Expedition im üɱ-ʲھ. Unter der Leitung von Prof. Dr. Sebastian Krastel (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, CAU) untersuchen Forschende der CAU und des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel gemeinsam mit neuseeländischen Partnerinstituten die geologischen Prozesse in zwei Unterwassercanyons. Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts MAWACAAP ist es, besser zu verstehen, welche Faktoren die Entstehung von submarinen Hangrutschungen beeinflussen. Die gewonnenen Daten sollen helfen, Risiken für Küstenregionen und Unterwasser-Infrastrukturen weltweit präziser einzuschätzen. Heute bricht das deutsche Forschungsschiff SONNE von Wellington aus zu einer Expedition vor die Küste Neuseelands auf. Unter Fahrtleitung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) untersuchen Forschende der CAU und des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel in Kooperation mit neuseeländischen Partnern bis zum 22. März Canyons an einem aktiven und passiven Kontinentalhang im üɱ-ʲھ. Ziel des übergeordneten und vom BMBF geförderten Projekts MAWACAAP ist es, gemeinsam mit den Partnerinstituten GNS Science und NIWA (beide Neuseeland), die Faktoren zu identifizieren, die Häufigkeit, Größe und Ort von Hangrutschungen bestimmen. Die gesammelten Daten sollen dazu beitragen, die Risikoabschätzung für submarine Hangrutschungen in der Region und weltweit zu verbessern, um bewohnte Küstenregionen und Unterwasser-Infrastrukturen wie beispielsweise Kabel zu schützen. Auf dem Programm der Expedition SO310 stehen umfangreiche seismische Untersuchungen und geologische Beprobungen.

Untersuchung aktiver und passiver Kontinentalhänge

Die Untersuchungsgebiete, der Palliser und der Pegasus Canyon, vor der neuseeländischen Küste liegen zwar nur 190 Kilometer voneinander entfernt, aber dennoch an gegensätzlichen Kontinentalhängen. Während sich der Palliser an einer aktiven kontinentalen Plattengrenze befindet, wo Erdbeben häufig Hangrutschungen auslösen können, wird der Pegasus Canyon geologisch als vergleichsweise ruhig eingestuft. Passive Ränder zeichnen sich häufig durch den Aufbau dicker ungestörter Sedimentablagerungen aus. Hier können Meeresspiegelveränderungen auch bedingt durch den Klimawandel eine große Rolle für eine mögliche Instabilität spielen. Trotz früherer Untersuchungen von Canyons an aktiven und passiven Kontinentalrändern, sind bisher kaum direkte Vergleiche anhand von Felddaten durchgeführt worden. Diese Lücke wollen die Forschenden nun auf der Expedition schließen.

„Von den neuen Daten, die wir mit umfangreichen seismischen Messungen und aus den auf der Fahrt gewonnenen Sedimentkernen gewinnen wollen, erhoffen wir uns ein besseres Verständnis für das Gefahrenpotenzial, das von großen Unterwassercanyons für die Küsten ausgeht,“ sagt Fahrtleiter Professor Dr. Sebastian Krastel, Leiter der Arbeitsgruppe Marine Geophysik und Hydroakustik an der Universität Kiel. „Wir haben auf der neuen Expedition die einmalige Gelegenheit, unterschiedliche Unterwassercanyons direkt miteinander zu vergleichen.“

Umfangreiches Mess- und Bohrprogramm

Das Programm sieht umfangreiche seismische Messungen und Sedimentbeprobungen am Meeresboden vor, um Gesteinsschichten sowie klimatische und geologische Einflüsse zu analysieren. Dabei sollen die über viele Erdzeitalter abgelagerten Erdschichtungen auf ihre Festigkeit und Durchlässigkeit überprüft und bathymetrische Karten über Größe, Volumen und Alter vergangener Hangrutschungen erstellt werden. Ziel ist es, eine Datenbank für die Häufigkeits-Volumen-Beziehung dieser beiden Canyons zu erstellen und damit wichtige Indikatoren für die Risikobewertung von Hangrutschungen zu ermitteln. „Wenn wir den Einfluss der Gesteinsschichten, die Rolle der Topographie und die Häufigkeit und Größe von submarinen Rutschungen verstehen, können wir auch zukünftige Canyon-Aktivitäten besser vorhersagen“, sagt Co-Fahrtleiterin Dr. Anke Dannowski, Geophysikerin am Ƶ.

Vor Beginn der Ausfahrt gab es im Hafen an Bord einen Empfang der Deutschen Botschaft gemeinsam mit dem BMBF für 50 geladene Gäste. Im Rahmen eines Climate Talks stellten Wissenschaftler:innen aus Deutschland und Neuseeland ihre Forschungsthemen vor -  unter dem Motto „German and New Zealand Research – The Power of Synergies“.

 

Expedition auf einen Blick:

Name: SONNE-Expedition SO310 „MAWACAAP“ (Quantifying the role of MAss WAsting in submarine CAnyons on Active and Passive margins, Quantifizierung der Rolle von Rutschungen in submarinen Canyons an aktiven und passiven Kontinentalrändern)

Fahrtleitung: Prof. Dr. Sebastian Krastel, Institut für Geowissenschaften, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU)

Zeitraum: 20.02.2025 - 22.03.2025

Start und Ende: Wellington (Aotearoa, Neuseeland)

Fahrtgebiet: üɱ-ʲھ

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news-9761 Wed, 19 Feb 2025 08:46:40 +0100 Tiere aus städtischer Umgebung passen sich besser an Umweltstress an /news/article/tiere-aus-staedtischer-umgebung-passen-sich-besser-an-umweltstress-an 19.02.2025/Kiel. Tierpopulationen aus urbanen Gebieten zeigen eine signifikant höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber stressreichen Umweltbedingungen. Das hat ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Elizabeta Briski vom Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel herausgefunden. Die untersuchten Muschel- und Krebstierarten konnten sich an gestörte Umgebungen anpassen und wurden dadurch widerstandsfähiger gegenüber Umweltveränderungen wie Klima- und Landnutzungswandel. Die Studie wird heute in der Fachzeitschrift Ecology Letters öڴڱԳٱ. Urbane Lebensräume unterscheiden sich stark von natürlichen Lebensräumen und stellen Tiere und Pflanzen vor neue Herausforderungen. Bislang war wenig darüber bekannt, wie sich Populationen derselben Art in vom Menschen stark beeinflussten und weniger beeinflussten Lebensräumen entwickeln.

Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Elizabeta Briski, Meeresbiologin am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, hat nun untersucht, wie sich die Bedingungen in städtischen Gebieten auf die Populationen von drei aquatischen Arten (eine Muschel- und zwei Krebstierarten) auswirken. Ihre Studie zeigt, dass sich diese Populationen an eine gestörte Umgebung anpassen und dadurch widerstandsfähiger gegenüber Umweltveränderungen werden. Veröffentlicht werden die Ergebnisse heute in Ecology Letters.

Unterschiede zwischen städtischen und natürlichen Lebensräumen

Für ihre Studie verglichen die Forschenden Populationen von Miesmuscheln (Mytilus sp.) und Flohkrebsen (Gammarus locusta und Gammarus salinus) aus der stark vom Menschen geprägten Kieler Förde mit solchen aus dem Naturschutzgebiet Schleimünde, die weniger Umweltveränderungen ausgesetzt sind. „Unterschiede zwischen diesen Standorten betreffen zum Beispiel die Konzentration von Schwermetallen im Sediment oder auch die Wassertemperatur“, erklärt Briski. „Städte sind Wärmeinseln, in denen Tiere schon heute höheren Temperaturen ausgesetzt sind als in natürlichen, vom Menschen weitgehend unbeeinflussten Lebensräumen.“

Stresstest im Labor

Um die Anpassungsfähigkeit zu testen, setzten die Forschenden Tiere aus beiden Gewässern unter Laborbedingungen verschiedenen Stressfaktoren aus. Die Stressoren spiegeln aktuelle und prognostizierte Umweltbedingungen der Ostsee wider, wie steigende Temperaturen, veränderte Salzgehalte sowie eine Zunahme von Kohlendioxid im Wasser, die zur Versauerung führt. Über einen Zeitraum von 30 Tagen dokumentierte das Team das Überleben der Tiere.

Städtische Populationen sind widerstandsfähiger

Die Ergebnisse zeigen, dass Populationen aus urban beeinflussten Lebensräumen tendenziell robuster gegenüber diesen Umweltstressoren sind als ihre Artgenossen aus geschützten Habitaten und sich bereits an die veränderten Bedingungen angepasst haben.

„Diese könnten als potenzielle ‚Rettungspopulationen‘ für bedrohte Bestände dienen“, sagt Briski. Gleichzeitig warnt sie, dass ihre größere Toleranz gegenüber zukünftigen Umweltveränderungen es ihnen erleichtern könnte, neue Lebensräume zu erobern: „Es macht sie zu potenziellen invasiven Arten, die durch menschlichen Handel und Transport zwischen städtischen Zentren verbreitet werden.“

Wichtige Erkenntnisse für Naturschutz und Klimaanpassung

Die Ergebnisse der Studie stützen die Hypothese, dass städtische Lebensräume heute schon wichtige Hinweise geben können, wie Tiere sich an künftige Umweltveränderungen anpassen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass verschiedene Populationen gleicher Arten unterschiedlich anfällig für mit der Urbanisierung einhergehende Stressoren sind“, sagt Briski. Dies habe erhebliche Konsequenzen für den Naturschutz: „Urbane Populationen könnten Populationen natürlicherer Lebensräume unterstützen, da sie eine höhere Resilienz gegenüber Umweltveränderungen zeigen.“ Es bleibe allerdings offen, ob diese Anpassungen mit den durch den Menschen verursachten Umweltveränderungen Schritt halten können.

Zukünftige Forschung sollte untersuchen, wie andere Stressoren wie Schwermetalle oder Lichtverschmutzung die Anpassung beeinflussen und ob diese Anpassungen in neuen Lebensräumen Vorteile bieten.

 

Publikation:

Briski, E., Langrehr, L., Kotronaki, S.G., Sidow, A., Martinez Reyes, C.G., Geropoulos, A., Steffen, G., Theurich, N., Dickey, J.W.E., Hütt, J.C., Haubrock, P.J., Soto, I., Kouba, A. and Cuthbert, R.N. (2025), Urban Environments Promote Adaptation to Multiple Stressors. Ecology Letters, 28: e70074.

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news-9759 Tue, 18 Feb 2025 10:08:12 +0100 #Zusammenland - Vielfalt macht uns stark! /news/article/zusammenland-vielfalt-macht-uns-stark Das Forschungszentrum Ƶ ist Teil der bundesweiten Kampagne für Freiheit, Vielfalt und Demokratie Unter dem Motto „#Zusammenland - Vielfalt macht uns stark“ haben führende deutsche Medienhäuser eine Kampagne ins Leben gerufen. Das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel ist Teil davon und setzt mit rund 500 weiteren Organisationen ein Zeichen für Freiheit, Vielfalt und Demokratie. 

Aktuell ist es wichtiger denn je, für ein offenes und solidarisches Miteinander einzustehen. Zusammenland möchte ein Gegengewicht zu Hass und Populismus bilden und zeigen, dass Vielfalt eine Stärke ist. Die Kampagnenmitglieder stehen gemeinsam für ein offenes Land, das sich mutig den Herausforderungen stellt.

Das Ƶ erforscht den globalen Ozean vom Meeresboden bis in die Atmosphäre, um das Ozeansystem zu verstehen und die Entwicklung nachhaltiger Lösungen für drängende gesellschaftliche Probleme zu ermöglichen. Dafür braucht es auch in Zukunft eine vielfältige und vernetzte Wissenschaft, eine starke Demokratie und faktenbasierten Austausch.

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news-9747 Thu, 06 Feb 2025 17:30:00 +0100 Fragen und Antworten zu den Erdbeben in der Nähe von Santorini /news/article/fragen-und-antworten-zu-den-erdbeben-in-der-naehe-von-santorini Rund um Santorini wird seit dem 24. Januar eine Häufung schwacher bis mittelstarker Erdbeben verzeichnet. Die seismische Aktivität konzentriert sich auf den Bereich zwischen den Inseln Santorini und Amorgos, mit einem Zentrum rund 25 Kilometer nordöstlich von Santorini. Das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und das GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung Potsdam ordnen die aktuellen Ereignisse in acht Fragen und Antworten ein. 1. Was ist die Ursache der vielen Erdbeben nahe der Vulkaninsel Santorini?

Zwischen Santorini, dem Unterwasser-Vulkan Kolumbo und Amorgos treten seit mehr als zehn Tagen viele Erdbeben zwischen 4 und 10 Kilometern Tiefe auf. Die Stärke der Beben erreicht bisher Magnitude 5 oder knapp darüber. Die Aktivität hat mit schwachen Beben unter Santorini begonnen und ist in den letzten Tagen in Richtung Nordosten entlang einer von Südwest nach Nordost verlaufenden krustalen Schwächezone gewandert.

Solche Erdbebenschwärme sind unter aktiven Vulkansystemen nicht selten und wurden auch unter Santorini und Kolumbo immer wieder beobachtet (Bohnhoff et al. 2006). Eine mögliche Ursache sind vulkanische Aktivitäten, das heißt, glutflüssiges Gestein oder andere Fluide steigen in der Erdkruste nach oben. Eine andere Möglichkeit sind Bewegungen von Erdplatten, die zu Spannungen im Gestein und plötzlichem Entladen dieser Spannungen und damit zu Erdbeben führen können.

Auch eine Kombination ist denkbar: Einzelne Segmente der Ägäischen Erdplatte in der Region um Santorini bewegen sich um wenige Millimeter voneinander weg. Das führt zu einer Dehnung und Ausdünnung der Erdkruste, in etwa so, als ob man einen zähen Teig auseinanderzieht, der dann in der Mitte dünner wird. Dort, wo die Kruste sich dehnt, können Fluide und Magmen aufsteigen.

2. Kann man diese Erdbeben vorhersagen?

Wann so ein Erdbebenschwarm entsteht, kann nicht vorhergesagt werden. Es gibt insbesondere bei vulkanischen Bebenschwärmen Vorläuferphänomene. Wir untersuchen derzeit die zeitliche Entwicklung und begleitende Veränderungen des Erdbebenschwarms wie z.B. Hebungen oder Senkungen.

3. Kann man einen Vulkanausbruch vorhersagen?

Auch einen Vulkanausbruch kann man nicht vorhersagen. Allerdings gibt es, anders als bei Erdbeben, bei Vulkanausbrüchen häufig deutliche Vorläuferphänomene. Dazu zählen Bodenhebungen und Schwarmbeben, die sich vor einem Ausbruch verstärken und Richtung Erdoberfläche bzw. Meeresboden wandern. Bisher ist die Datenlage noch nicht ausreichend, um vor einem unmittelbar bevorstehenden Ausbruch zu warnen. Dennoch sind die Warnhinweise, etwa Steilküsten zu vermeiden, richtig und wichtig.

4. Was könnte bei einem Ausbruch oder einem großen Beben wie dem von 1956 passieren?

Im Juli 1956 ereigneten sich zwei Beben mit Magnituden von über 7 in der nun seismisch aktiven Region. Eines davon trat in der oberen Erdkruste auf und verursachte einen lokalen Tsunami mit Wellenhöhen von bis zu 22 Metern auf der Insel Amorgos. Die Beben richteten in der Region große Schäden an, 50 Menschen starben. In der jetzigen Erdbebenserie sehen wir deutlich schwächere Beben. Die Bruchzone von 1956 hat aufgrund der geringen Verschiebungsraten noch nicht wieder ausreichend Energie aufgestaut, aber Bewegungen an weiteren bisher nicht aktiven Bruchzonen können nicht ausgeschlossen werden.

Sollte es heute zu einem vergleichbaren Erdbeben wie 1956 oder einem Vulkanausbruch (der letzte größere Ausbruch des Kolumbo-Vulkans ereignete sich im Jahr 1650) kommen, wären aufgrund der dichteren Besiedlung stärkere Auswirkungen zu erwarten: Starke Bodenerschütterungen könnten Gebäude beschädigen oder einstürzen lassen, insbesondere ältere Bauten oder solche, die nicht erdbebensicher konstruiert wurden. Tsunamis könnten Küstenregionen treffen und zu Überflutungen führen – nicht nur auf Santorini, sondern auch auf benachbarten Inseln und dem griechischen Festland. Es könnte auch zu submarinen Hangrutschungen der Caldera kommen.

5. Steht ein Vulkanausbruch auf Santorini bevor?

Der Bereich unmittelbar unterhalb des Santorini-Vulkans ist aktuell seismisch ruhig. Dort kam es zuletzt 2011 zu einer ähnlichen seismischen Aktivität wie nun weiter nordöstlich mit sehr flachen Beben bis in ein bis zwei Kilometern Tiefe. Es kam allerdings nicht zu einem Ausbruch.

6. Wie groß ist das Risiko eines Tsunamis dort?

Im Mittelmeer treten vergleichbar viele Tsunamis auf wie in anderen Regionen der Welt. Rund 80 Prozent der Tsunamis entstehen durch starke Erdbeben, die den Meeresboden heben oder senken – aufgrund der tektonischen Gegebenheiten können auch im Mittelmeerraum Tsunamis auftreten.

Auch ein Vulkanausbruch in der Region, etwa des Santorini-Vulkans, könnte einen Tsunami auslösen – sei es durch unterseeische Explosionen oder Hangrutschungen unter Wasser.

Vulkanische Prozesse können zudem Erdrutsche an Land oder unter Wasser verursachen. Dadurch könnten große Wassermassen verdrängt und Tsunamis ausgelöst werden. Die griechischen Behörden sowie internationale Forschende beobachten die Lage sehr genau. Wir können einen Tsunami ebenso wenig ausschließen wie ein schwereres Erdbeben. Die Wahrscheinlichkeit ist aber nach wie vor gering.

7. Wie überwacht man solche gefährdeten Regionen?

Dank moderner Überwachungssysteme lassen sich seismische Aktivitäten und vulkanische Prozesse heute gut beobachten. Der griechische Erdbebendienst betreibt in der Region ein dichtes Messnetz, dass auch kleine Erdbeben erfasst. Ƶ, GFZ und weitere Partner haben im Rahmen des MULTIMAREX-Projekts einen Krisenreaktionseinsatz, eine so genannte Rapid Response Mission, gestartet. Gemeinsam mit unseren griechischen Partnern (Labor für Physische Geographie, Universität Athen) sind wir vor Ort, um zusätzliche Messinstrumente am Meeresboden und in der Caldera von Santorini zu installieren und die seismische Aktivität zu überwachen. Ziel des Monitorings ist es, die Anzahl, den Ort und die Stärke der Erdbeben präzise zu erfassen und exakt zu quantifizieren. In den kommenden Tagen werden wir erkennen können, ob sich der zuletzt beobachtete Anstieg der Magnituden und die Intensität der Erdbebensequenz fortsetzt oder abklingt.

8. Welche Maßnahmen sind nötig, um die Bevölkerung zu schützen?

Solange die Erdbebenaktivität anhält, besteht insbesondere an steilen Küstenabschnitten ein erhöhtes Risiko für Hangrutschungen. Menschen sollten sich daher nicht an den Stränden und Steilküsten aufhalten. Sehr starke Erdbeben – deutlich intensiver als die bisher registrierten – könnten zudem Tsunamiwellen auslösen. Aktuell gibt es keine Messungen, die auf Erdbeben von dieser Stärke hinweisen.

Die griechischen Behörden senden Warnhinweise in mehreren Sprachen mit Verhaltensregeln und Schutzmaßnahmen via Cell Broadcast direkt an Mobilgeräte. Dafür muss der Empfang von Notfallbenachrichtigungen aktiviert sein.

 

Expert:innen

Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel
/  

Prof. Dr. Heidrun Kopp, Leiterin des Forschungsbereichs Dynamik des Ozeanbodens und Professorin für Geophysik

Prof. Dr. Christian Berndt, Leiter der Forschungseinheit Marine Geodynamik

Prof. Dr. Morelia Urlaub, Juniorprofessorin für Marine Geomechanik

 

GFZ Helmholtz-Zentrum für Geoforschung

, Leiter der Sektion Erdbeben- und Vulkanphysik

, Leiter der Arbeitsgruppe Vulkantektonik und Vulkangefahren

, Leiterin der Arbeitsgruppe präeruptive Vulkanphysik

, Leiter der Sektion Geomechanik und Wissenschaftliches Bohren

 

Kontakt Pressestellen

presse(at)gfz.de

Ƶ Kommunikation und Medien media(at)geomar.de

 

Publikationen

Bohnhoff, M., Rische, M., Meier, T., Becker, D., Stavrakakis, G., Harjes, H.P. (2006). Microseismic activity in the Hellenic Volcanic Arc, Greece, with emphasis on the seismotectonic setting of the Santorini-Amorgos zone. Tectonophysics, 423, 17-33.

Crutchley G.J., Karstens, J., Preine, J., Hübscher, C., Kühn, M., & Fossen, H.l. (2023). Extensional faulting around Kolumbo Volcano, Aegean Sea - relationships between local stress fields, fault relay ramps and volcanism. Tectonics, 42, e2023TC007951.

Karstens, J., Crutchley, G. J, Hansteen, T. Preine, J., Carey, S., Elger, J., Kühn, M., Nomikou, P., Schmid, F., Kelfoun K., Dalla Valle, G. & Berndt, C. (2023). Cascading events during the 1650 tsunamigenic eruption of Kolumbo volcano. Nature Communications, 14(1), 6606. 

Schmid, F., Petersen, G., Hooft, E., Paulatto, M., Chrapkiewicz, K., Hensch, M., Dahm, T. (2022). Heralds of Future Volcanism: Swarms of Microseismicity Beneath the Submarine Kolumbo Volcano Indicate Opening of Near‐Vertical Fractures Exploited by Ascending Melts. - Geochemistry Geophysics Geosystems (G3), 23, 7, e2022GC010420. 

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Aktuelles 2025 FB4News Naturgefahren aus dem Ozean Plattentektonik Naturgefahren
news-9745 Tue, 04 Feb 2025 17:27:21 +0100 Beobachtung der Erdbebenaktivität auf Santorini /news/article/beobachtung-der-erdbebenaktivitaet-auf-santorini 04.02.2025/Kiel. Seit einigen Tagen verzeichnet die Region um Santorini eine erhöhte seismische Aktivität. Hunderte Erdbeben wurden registriert, das stärkste mit einer Magnitude von 5,1. Die Beben gehen auf tektonische Spannungen an der Plattengrenze zwischen der Afrikanischen und der Eurasischen Platte zurück. Vor diesem Hintergrund hat das Forschungsprojekt MULTI-MAREX am 2. Februar einen Krisenreaktionseinsatz gestartet. Forschende des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel, des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung, Potsdam, und griechische Partner installieren Messinstrumente auf dem Meeresboden und in der Caldera von Santorini, um die Erdbeben präzise zu erfassen und mögliche geologische Risiken besser einzuschätzen. Erdbeben gehören in Regionen mit aktiven Verwerfungen, Vulkanismus und tektonischen Plattengrenzen zum Alltag. So auch in der Ägäis, deren Inselwelt und Meeresboden von zahlreichen geologischen Phänomenen geprägt ist. Seit dem 24. Januar 2025 wird dort eine Häufung schwacher bis mittelstarker Erdbeben verzeichnet, ähnlich wie zuletzt in den Jahren 2011 und 2012. Anders als damals konzentriert sich die seismische Aktivität diesmal auf den Meeresboden zwischen den Inseln Santorini und Amorgos, mit dem Zentrum rund 25 Kilometer nordöstlich von Santorini. In den letzten Tagen wurden mehrere hundert Erdbeben registriert.

Die aktuellen Beben sind überwiegend auf tektonische Prozesse zurückzuführen. Die zahlreichen Störungszonen am Meeresboden werden durch tektonische Spannungen entlang der Plattengrenze zwischen der Afrikanischen und der Eurasischen Platte aktiviert. Diese fortlaufenden Prozesse sind auch für den Vulkanismus auf Santorini verantwortlich.

Viele Menschen in der Region nehmen die Erschütterungen als leichte Vibrationen wahr, größere Schäden sind bislang nicht bekannt. Das bisher stärkste Beben erreichte am 4. Februar eine Magnitude von 5,1 und ereignete sich in einer Tiefe von etwa 10 Kilometern.

Vor diesem Hintergrund hat MULTI-MAREX am 2. Februar einen Krisenreaktionseinsatz (Rapid Response Mission) gestartet. Gemeinsam mit den griechischen Partnern sind die Forschenden vor Ort, um Messinstrumente am Meeresboden und in der Caldera von Santorini zu installieren und die seismische Aktivität zu überwachen.

Ziel des Monitorings durch MULTI-MAREX ist es, die Anzahl, Lokation und Stärke der Erdbeben präzise zu erfassen und exakt zu quantifizieren. In den kommenden Tagen wird erkennbar werden, ob sich der zuletzt beobachtete Anstieg der Magnituden und die Intensität der Erdbebensequenz fortsetzt oder abklingt. Solange die Erdbebenaktivität anhält, besteht insbesondere an steilen Küstenabschnitten ein erhöhtes Risiko für Hangrutschungen. Sehr starke Erdbeben – deutlich intensiver als die bisher registrierten – könnten zudem Tsunamiwellen auslösen. Warnhinweise der griechischen Behörden werden über Cell Broadcast direkt an Mobilgeräte gesendet, sofern der Empfang von Notfallbenachrichtigungen aktiviert ist.

 

Hintergrund: Multi-MAREX

MULTI-MAREX, koordiniert von Prof. Dr. Heidrun Kopp am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, entwickelt ein Real-Labor zur Untersuchung geomariner Extremereignisse wie Erdbeben, Vulkanismus und Tsunamis im zentralen Mittelmeerraum. Das Projekt ist ein Teil der Forschungsmission mareXtreme (Wege zu einem verbesserten Risikomanagement im Bereich mariner Extremereignisse und Naturgefahren) der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM).

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news-9743 Tue, 04 Feb 2025 11:00:21 +0100 Mikroben aus extremen Umgebungen als Schlüssel für Innovationen /news/article/mikroben-aus-extremen-umgebungen-als-schluessel-fuer-neue-medikamente-und-umweltfreundliche-innovationen 04.02.2025/Bergen. XTREAM heißt ein neues internationales Forschungsprojekt, das widerstandsfähige Mikroorganismen aus extremen Umweltbedingungen erforschen wird, um ihre Eigenschaften für die Anwendung in Medizin, Pharmazie, Landwirtschaft sowie der Lebensmittel- und Futtermittelproduktion nutzbar zu machen. Beim Projektstart in Bergen, Norwegen, trafen sich jetzt Wissenschaftler:innen der 13 beteiligten Forschungseinrichtungen, darunter des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. Mit modernsten Technologien werden sie in den kommenden vier Jahren unter anderem Gletscher, heiße Quellen, Tiefseeschwämme und saure Bergbaugebiete untersuchen. Das Projekt wird mit rund 4,4 Millionen Euro aus dem EU-Programm Horizon Europe finanziert. Wissenschaftler:innen und Industrievertreter:innen aus ganz Europa haben sich in Bergen, Norwegen zum Auftakt des EU-geförderten Projekts XTREAM getroffen. Die vierjährige Initiative untersucht das Potenzial extremophiler Mikroorganismen – also kleinster Lebewesen, die unter extremen Umweltbedingungen gedeihen – für innovative Anwendungen in den Bereichen Pharmazie, Medizin, Landwirtschaft, Futtermittel und Lebensmittel.

„Mikroorganismen aus extremen Lebensräumen sind die größten Problemlöser der Natur. Mit XTREAM wollen wir ihr volles Potenzial ausschöpfen, um drängende Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Projektleiter Dr. Antonio García-Moyano vom NORCE Norwegian Research Centre.

Leben unter extremen Bedingungen

„Diese Mikroorganismen haben sich über Jahrmillionen hinweg an lebensfeindliche Bedingungen angepasst,“ ergänzt Dr. Erik Borchert, Umweltmikrobiologe am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, „dadurch besitzen sie besondere Eigenschaften, die ihnen das Überleben unter extremen Bedingungen wie starkem Druck oder extremen Temperaturen ermöglichen. Wenn wir ihre Mechanismen verstehen, können wir völlig neue Wege für biotechnologische Anwendungen erschließen.“

Die Erforschung dieser Organismen ist jedoch aufwendig, teuer und technisch anspruchsvoll. XTREAM vereint nun 13 europäische Forschungspartner, um diese Herausforderungen zu bewältigen und neue Wege für industrielle Innovationen zu eröffnen – im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der EU. „Die verantwortungsvolle Erforschung dieser extremen Umgebungen steht im Mittelpunkt von XTREAM. Mit modernsten Technologien wie mikrofluidischen Analysen, künstlicher Intelligenz und hochentwickelten Drohnen kombinieren wir Innovation mit Umweltverantwortung“, betont García-Moyano.

Forschung an den lebensfeindlichsten Orten der Erde

Das Projekt untersucht einige der extremsten Lebensräume der Erde, darunter Gletscher in Svalbard, saure Bergbaugebiete wie den Rio Tinto in Spanien, heiße Quellen, durch Säure belastete Standorte in Großbritannien, Salzseen und arktische Tiefsee-Schwämme.  Die dort vorkommenden Mikroben könnten der Schlüssel zu neuen Medikamenten, biochemischen Stoffen und stabilen Enzymen sein und zur Entwicklung einer umweltfreundlichen, nachhaltigen Wirtschaft in Europa beitragen.

Am Ƶ sind Tiefsee-Schwämme und die Mikroben, die mit ihnen in Symbiose leben, ein Forschungsschwerpunkt. Im Projekt XTREAM werden sich die beteiligten Wissenschaftler:innen besonders auf die Suche nach neuen Biokatalysatoren fokussieren, also Enzymen, die biochemische Reaktionen ermöglichen beziehungsweise beschleunigen.

Neue Lösungen durch biologische Anpassungen

„XTREAM beschleunigt den Weg von der Entdeckung bis zur Anwendung und schafft biobasierte Lösungen, die mit den europäischen Klimazielen im Einklang stehen. Damit widerlegen wir das Argument, dass nachhaltigkeitsgetriebene Innovation nicht praktikabel sei“, fügt García-Moyano hinzu. Die erwarteten Durchbrüche des Projekts sollen die Umweltbelastung und die Kosten der biotechnologischen Forschung erheblich senken und gleichzeitig die Markteinführung nachhaltiger, biobasierter Produkte beschleunigen.

 

Hintergrund: XTREAM

Das Projekt XTREAM (Sustainable exploration and biodiscovery of novel products and processes from extreme aquatic microbiomes to expedite the circular bioeconomy, Nachhaltige Erforschung und biologische Entdeckung neuartiger Produkte und Prozesse aus extremen aquatischen Mikrobiomen zur Beschleunigung der Kreislauf-Bioökonomie) vereint 13 Partner aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Industrie aus sieben europäischen Ländern. Es läuft über vier Jahre (2025 – 2028).

Gesamtbudget: 4.460.000 Euro

öܲԲ: EU – Horizon Europe

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news-9737 Wed, 29 Jan 2025 10:30:00 +0100 Mangrovenwälder am Amazonas liefern Nährstoffe für den Ozean /news/article/mangrovenwaelder-am-amazonas-liefern-naehrstoffe-fuer-den-ozean 29.01.2025/Kiel. Mangrovenwälder entlang der Küsten Amazoniens setzen erhebliche Mengen an Spurenelementen wie Neodym und Hafnium frei. Diese Elemente und deren isotopische Zusammensetzung können dazu dienen, den Eintrag von Mikronährstoffen, die essentiell für das Leben im Meer sind, zu entschlüsseln. Forschende des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel haben untersucht, wie diese Prozesse ablaufen und wie groß ihre Bedeutung für den Ozean ist. Ihre Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Communications Earth & Environment öڴڱԳٱ. Mangrovenwälder sind nicht nur wichtige Kohlenstoffspeicher und Hotspots der Artenvielfalt, sie spielen auch eine bedeutende Rolle als Lieferanten von Spurenelementen an den Ozean. Das zeigt eine Studie des Ƶ Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. So setzen Mangrovensysteme entlang der Amazonasküste jährlich beispielsweise rund 8,4 Millionen Gramm gelöstes Neodym in den Ozean frei – das entspricht 64 Prozent des gesamten Neodym-Eintrags in diese Region. Ähnliche Mechanismen gelten wahrscheinlich auch für andere Spurenelemente wie Eisen oder Mangan, die essenziell für marine Ökosysteme sind.

„Unsere Untersuchungen belegen, dass Mangroven eine zentrale Rolle im globalen Kreislauf von Spurenelementen spielen“, erklärt Dr. Antao Xu vom Ƶ, Erstautor der Studie. „Sie fungieren als biochemische Reaktoren, die Nährstoffe und Metalle durch Prozesse wie Sedimentauflösung und Porenwasseraustausch in die Küstengewässer freisetzen.“

Mangrovensysteme als „Nährstoffpumpen“

Die Forschenden analysierten Wasserproben aus Küstengewässern, Flussmündungen und Mangrovensedimenten entlang der Amazonasküste. Dabei zeigten sich charakteristische Isotopenmuster von Neodym und Hafnium, die auf ihre Herkunft und die Interaktion zwischen Sediment, Porenwasser und Meerwasser hinweisen. „Mangroven sind nicht nur Pufferzonen, die Material vom Land zurückhalten, sondern auch Schlüsselakteure, die diese Stoffe aufbereiten und gezielt an den Ozean abgeben“, sagt Martin Frank, Co-Autor der Studie und Leiter des Forschungsbereichs Ozeanzirkulation und Klimadynamik am Ƶ. Der Stoffaustausch unterstützt die Nahrungsketten in der Küstenregion.

Weltweit, so fanden die Forschenden heraus, tragen Mangrovensysteme zwischen sechs und neun Prozent zum Gesamteintrag von Neodym in den Ozean bei. Das ist vergleichbar mit dem globalen Neodym-Eintrag über Staub aus der Atmosphäre.

Globale Bedeutung des Mangrovenschutzes

Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig der Schutz dieser bedrohten Ökosysteme ist. Xu: „Mangroven stehen an der Schnittstelle zwischen Land und Meer und leisten unverzichtbare Dienste für die Biodiversität und das Klima. Dass sie auch eine so herausragende Rolle als Quellen für Spurenelemente spielen, ist ein weiteres wichtiges Argument für ihren Schutz.“

 

Originalpublikation:

Xu, A., Hathorne, E., Seidel, M. et al. (2025): The Amazonian mangrove systems accumulate and release dissolved neodymium and hafnium to the oceans. Commun Earth Environ 6: 13 (2025).

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news-9732 Fri, 24 Jan 2025 11:45:00 +0100 Natürlicher Klimaschutz unter Wasser /news/article/natuerlicher-klimaschutz-unter-wasser 24.01.2025/Kiel. Wie kann Seegras dazu beitragen, den Klimawandel zu bekämpfen? Diese Frage steht im Mittelpunkt des neuen Forschungsprojekts ZOBLUC („Zostera marina als Blue Carbon-Kohlenstoffspeicher in der Ostsee“), das jetzt unter der Leitung des Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel startet. Ziel ist es, die Rolle von Seegraswiesen als Kohlenstoffspeicher genauer zu untersuchen und Handlungsempfehlungen für deren Schutz zu entwickeln. Das Projekt wird im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz (ANK) des Bundesumweltministeriums sowie durch das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein mit rund 6 Millionen Euro gefördert und läuft bis September 2030. Seegraswiesen fördern Artenvielfalt, tragen durch Wellenberuhigung zum Küstenschutz bei und verbessern die Wasserqualität. Sie sind darüber hinaus auch sehr effektive Speicher für Kohlendioxid (CO2), denn die Unterwasserpflanzen binden Kohlenstoff sowohl in ihren Blättern und Wurzeln als auch im Sediment.

Am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel startet jetzt ein neues Projekt, bei dem in Zusammenarbeit mit der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und dem Landesamt für Umwelt Schleswig-Holstein (LfU) die Rolle von Seegraswiesen als natürliche Kohlenstoffsenken untersucht und Strategien für ihren Schutz und ihre Renaturierung entwickelt werden sollen.

Der Projektname ZOBLUC steht für „Zostera marina als Blue Carbon-Kohlenstoffspeicher in der Ostsee“ – Zostera marina ist der wissenschaftliche Name des in der Ostsee heimischen Großen Seegrases. Gefördert wird das Projekt vom Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) des Bundesumweltministeriums sowie durch das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur des Landes Schleswig-Holstein mit insgesamt rund sechs Millionen Euro.

Drei Schwerpunkte für den Schutz von Seegraswiesen

„Seegraswiesen sind wie unterseeische Moore“, erklärt der wissenschaftliche Projektleiter Prof. Dr. Thorsten Reusch, Professor für Marine Ökologie am Ƶ, „sie speichern Kohlenstoff, der über Jahrhunderte im sauerstoffarmen Sediment konserviert wird.“ Im Rahmen des Projekts soll nun gezielt untersucht werden, unter welchen Bedingungen Seegraswiesen besonders viel CO2 speichern. Reusch: „Wo zum Beispiel starke Erosion durch Wellengang herrscht, wird weniger Kohlenstoff eingelagert als in ruhigen Buchten, in denen Partikel schneller absinken und Sedimentschichten bilden.“ Die Forschung wird die Kohlenstoffspeicherung von Seegraswiesen nicht nur bilanzieren, sondern auch modellieren, wie sich diese unter veränderten Umweltbedingungen entwickeln könnte.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt am Ƶ ist die Renaturierung von Seegraswiesen. Dabei ist es entscheidend, die Renaturierung resilient und damit zukunftsfähig zu machen. Reusch: „Es nützt wenig, wenn wir jetzt Seegraswiesen wiederanpflanzen, die dann in wenigen Jahren wieder absterben, weil sie mit den steigenden Wassertemperaturen nicht zurechtkommen.“ Dazu wird das Seegras experimentell verschiedenen Stressfaktoren ausgesetzt, um robuste, klimaresistente Bestände zu züchten, die so genannte Assisted Evolution.

Unterwasser-Gärtnern zum Mitmachen

Der dritte Schwerpunkt liegt auf der Einbindung von Bürger:innen in die Renaturierung. Nachdem das Ƶ in den vergangenen Jahren Pflanzschulungen entwickelt und angeboten hat, um in kleinerem Maßstab versuchsweise Seegraswiesen wiederanzupflanzen, wird jetzt im Zuge des neuen Projekts noch stärker auf die Mithilfe Freiwilliger gesetzt. Thorsten Reusch: „Die Pilotphase ist erfolgreich abgeschlossen, jetzt gehen wir in die Fläche.“

Die Unterstützung durch Freiwillige wird dringend benötigt, denn bei der Wiederanpflanzung verlorengegangener Seegraswiesen gibt es bislang noch kein effektiveres Vorgehen, als das manuelle Einpflanzen der einzelnen Halme durch Taucher:innen – die sogenannte Einzelspross-Transplantation. Thorsten Reusch betont: „Dabei ist es ganz wichtig, dass alle, die mithelfen wollen, vorher den Schulungskurs durchlaufen und nur in den von uns empfohlenen Flächen gearbeitet wird.“

In diesem Jahr werden fünf Vereine und Nichtregierungsorganisationen mit Hilfe von freiwilligen Taucher:innen das Anpflanzen auf den wissenschaftlich ausgewählten Flächen übernehmen. Zu diesen zählen unter anderem Standorte bei Gelting, Holnis-Ost und Wulfen. Die dabei gesammelten Beobachtungsdaten werden am Ƶ ausgewertet, um daraus für die Zukunft zu lernen.

Andere Renaturierungstechniken, zum Beispiel durch Aussaat, werden derzeit parallel im  Projekt SeaStore II entwickelt, werden aber noch einige Jahre bis zur großflächigen Anwendung benötigen.

Kartierung per Fächerecholot und Drohnen

Zunächst aber wird der aktuelle Bestand von Seegraswiesen in der Ostsee umfassend kartiert. Dazu nutzen Professorin Natascha Oppelt und Dr. Jens Schneider von Deimling von der CAU mit ihren Teams Methoden der Fernerkundung, bei denen modernste optische und akustische Messmethoden kombiniert werden. Auch die Überwachung der wiederangepflanzten Flächen mittels Drohnen wird die CAU übernehmen.

Die Ergebnisse aller Untersuchungen in ZOBLUC sollen in Form von Workshops und Handlungsempfehlungen an die Politik weitergegeben werden, um den Schutz und die Wiederherstellung von Seegraswiesen in der Ostsee voranzutreiben.

 

Hintergrund: Blue Carbon

Blue Carbon (Blauer Kohlenstoff) wird das Kohlendioxid genannt, das von Ozean- und Küstenökosystemen wie Mangrovenwäldern, Salzwiesen oder Seegraswiesen gespeichert wird. Seegraswiesen binden Kohlenstoff in abgestorbener Biomasse und organischen Sedimentpartikeln, die im sauerstoffarmen Meeresboden über Jahrhunderte erhalten bleiben – ähnlich wie in Mooren an Land. 

Hintergrund: Assisted Evolution

Assisted Evolution ist eine Technik, die darauf abzielt, die evolutionären Anpassungsprozesse von Organismen zu beschleunigen, um sie widerstandsfähiger gegen Umweltveränderungen zu machen. Seegraspflanzen werden in den Klimakammern des Ƶ experimentellen Hitzewellen ausgesetzt. Dabei wird nicht nur untersucht, welche lokalen Bestände möglicherweise bereits hitzetoleranter sind, sondern mit einem breiten Spektrum an Methoden, von den physiologischen Reaktionen innerhalb der Zellen (Metabolomik) über die genetischen Informationen (Genexpressionsanalyse) bis hin zu Veränderungen der Besiedlung mit Mikroorganismen (Mikrobiom) wird erforscht, welche Mechanismen Pflanzen resilienter machen.

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news-9722 Thu, 16 Jan 2025 10:04:38 +0100 Europäische Zusammenarbeit stärken für den Schutz des Ozeans /news/article/europaeische-zusammenarbeit-staerken-fuer-den-schutz-des-ozeans 16.01.2025/Kiel. Am 14. Januar waren Delegationen des französischen Ozeanforschungszentrums Ifremer und des britischen National Oceanography Centre Southampton (NOC) zu Gast am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Im Mittelpunkt der Gespräche standen die Zusammenarbeit mit Blick auf nachhaltige Ozeanbeobachtung, Sensortechnologien, Innovationen sowie Forschungsschiffe und weitere Forschungsinfrastrukturen. Zukunftsfähige Lösungen für die drängenden Herausforderungen der Ozeanforschung können nur durch eine enge internationale Zusammenarbeit gemeistert werden. Das Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung arbeitet daher in internationalen Projekten und Kooperationen mit zahlreichen Partnern rund um den Globus für den Schutz und Erhalt der Meere. Die Direktor:innen des französischen Ozeanforschungszentrums Ifremer, Dr. François Houllier, des britischen National Oceanography Centre Southampton (NOC), Dr. John Siddorn und Professorin Dr. Katja Matthes vom Ƶ sowie weitere Wissenschafler:innen der Organisationen trafen sich in Kiel, um die Zusammenarbeit der drei Organisationen zu stärken.

Ozeanschutz als internationale Aufgabe

„So wie der Ozean uns weltweit verbindet, sind auch seine Erforschung und sein Schutz eine internationale Aufgabe“, sagte Katja Matthes. „Ich habe mich daher sehr gefreut, John Siddorn und François Houllier den neuen Ƶ-Campus zu zeigen und auch unsere Zusammenarbeit auszubauen und zu vertiefen, insbesondere indem wir unsere Anstrengungen für die Ozeanbeobachtung bündeln.“ Neben der nachhaltigen Ozeanbeobachtung soll die Zusammenarbeit in den Themen Sensortechnologien, Innovationen sowie Forschungsschiffe und weitere relevante Forschungsinfrastrukturen verstärkt werden.

Ozeanbeobachtung weltweit

Das Forschungszentrum Ƶ betreibt mehrere Langzeitstationen, zum Beispiel seit 2017 gemeinsam mit dem kapverdischen Instituto do Mar das Ocean Science Center Mindelo auf den Kapverden, wo wissenschaftliche Langzeitbeobachtungen und Feldforschung im tropischen Nordostatlantik durchgeführt werden. Auch in der Ostsee betreibt das Ƶ eine Zeitserienstation in der Eckernförder Bucht, die seit 1957 regelmäßig Daten zum Zustand der Ostsee sammelt.

„Um den Ozean nachhaltig zu schützen, brauchen wir Langzeitdatenreihen, die es bisher nur punktuell, und in einigen Regionen, wie etwa dem Auftriebsgebiet vor Westafrika, noch nicht gibt. Internationale Initiativen wie das Global Ocean Observation System oder die UN-Ozeandekade wollen genau das ändern. Ifremer, NOC und Ƶ können diesen Prozess mit vereinter Kraft vorantreiben – für ein kontinuierliches und nachhaltiges Beobachtungsnetz sowie einen fairen und gleichberechtigten Zugang zu Daten für alle Beteiligten“, erklärte Katja Matthes.

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news-9707 Tue, 07 Jan 2025 10:53:00 +0100 Langzeitmessungen für die Klimaforschung /news/article/langzeitmessungen-fuer-die-klimaforschung 07.01.2025/Kiel/Belém. Am Wochenende ist die erste Ƶ-Expedition des Jahres gestartet: Mit der METEOR geht es für ein internationales Wissenschaftsteam von Belém (Brasilien) nach Mindelo (Cabo Verde). Die Ausfahrt hat zum Ziel, ozeanografische und meteorologische Prozesse im tropischen Atlantik zu untersuchen. Schwerpunkte sind die Beobachtung der westlichen Randstromzirkulation und Langzeitmessungen zur Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung (AMOC). Am Wochenende ist die METEOR-Expedition M207 „WARD Tropics“ unter der Leitung von Dr. Rebecca Hummels, Physikalische Ozeanographin am Ƶ Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel gestartet. Die Forschungsreise führt von Belém in Brasilien nach Mindelo auf den Kapverden. Auf der Fahrt quer über den Atlantik wird das internationale Wissenschaftsteam fünfeinhalb Wochen lang ozeanografische und meteorologische Prozesse im tropischen Atlantik untersuchen.

Der Expeditionsname steht für die drei Forschungsthemen, die auf der Ausfahrt bearbeitet werden sollen: die westliche Randstromzirkulation, die Atlantische Meridionale Umwälzbewegung (AMOC) sowie Regen und Staub im tropischen Atlantik (Western boundary circulation, AMOC, Rain and Dust in the tropical Atlantic).

Ozeanströmungen im Fokus

Ein Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung der westlichen Randstromzirkulation vor Südamerika, insbesondere des Nordbrasilianischen Unterstroms (NBUC), der eine Schlüsselrolle in der Atlantischen Meridionalen Umwälzbewegung spielt. Durch die Wartung und Neuplatzierung von Tiefseeverankerungen entlang der brasilianischen Küste und am Äquator werden Langzeitdatenreihen fortgeführt, die bereits seit mehr als einem Jahrzehnt existieren.

„Diese Langzeitdaten sind extrem wertvoll“, erklärt Rebecca Hummels. „Die AMOC ist ein wesentlicher Faktor für die globale Klimaregulierung. Sie transportiert große Mengen an Wärme und Nährstoffen im Ozean. Eine Veränderung dieser Zirkulation könnte gravierende Auswirkungen auf das Wetter, den Meeresspiegel und die globale Kohlenstoffaufnahme haben.“

Messungen im Wasser und in der Luft

Für ihre Untersuchungen werden die Wissenschaftler:innen verschiedene Instrumente einsetzen, darunter

  • CTD-Sonde für die Ermittlung von Salzgehalt, Temperatur in Abhängigkeit der Tiefe (Druck), ergänzt um Sensoren für Sauerstoff, Nährstoffe und Partikelverteilung
  • ADCPs (Acoustic Doppler Current Profilers) zur Messung der Geschwindigkeit von ѱٰöܲԲ in verschiedenen Wassertiefen und
  • Verankerte Instrumente ähnlich CTD und ADCP sowie im Falle der KapVerden-Verankerung auch Sedimentfallen, die Aufschluss über Nährstoffflüsse im Ozean geben können.
  • Radiosonden, die mit Ballons in die Atmosphäre aufsteigen, um Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Wind in verschiedenen Höhen zu messen.

Beitrag zur internationalen Klimaforschung

Die umfangreichen Messungen helfen, die Wechselwirkungen zwischen Ozean und Atmosphäre besser zu verstehen und Veränderungen im Klimasystem zu analysieren. Rebecca Hummels: „Die gewonnen Daten können zu einem besseren Verständnis der Prozesse im Ozean beitragen und helfen, langfristige Vorhersagen über die Auswirkungen des Klimawandels auf Ozean und Atmosphäre zu verbessern.“

Verfolgen Sie die Expedition in Echtzeit

Wer die Messungen der Expedition verfolgen möchte, kann hier aktuell gemessene Forschungsdaten wie zum Beispiel Ozeangeschwindigkeiten einsehen.

 

Expedition auf einen Blick: 

Name: METEOR-Expedition M207 WARD Tropics

Fahrtleitung: Dr. Rebecca Hummels

Zeitraum: 04.01.2025 - 12.02.2025

Start: Belém, Brasilien 

Ende: Mindelo, Kap Verde 

Fahrtgebiet: Tropischer Atlantik 

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